
Masken im Zwielicht
Draußen zieht sich ein zerrissener Himmel über die Stadt. Undurchdringlich dunkle und zart durchscheinende Wolken spucken Graupelschauer, Sprühregen aber auch Sonnenfetzen aus. Lichtflecken überfliegen die Häuser, dabei ist es nasskalt und windig. Was für ein unwirkliches Wetter an diesem Apriltag in Braunschweig! Doch auch im Innenraum spiegelt sich ein ähnliches Szenario aus Licht und Schatten. Genauer gesagt: Im einRaum 5-7. Ich besuche heute die aktuelle Ausstellung „Masken“ von Denis Stuart Rose.
Text und Fotos: Stefanie Krause
Anstelle der Gewitterwolken verdunkeln hier schwere schwarze Vorhänge die eigentlich hellen Wände der kleinen Galerie im Handelsweg und von dem Zimmerhimmel hängt ein Gestell mit mehreren Lampen, die in unregelmäßigen Abständen Spotlights auf die ausgestellten Skulpturen werfen. Der Künstler Denis Stuart Rose hat es extra für diese Ausstellung angefertigt und der Effekt ist stimmig: Der stetig wechselnde Schein der Lichtquellen bewegt den Raum in einem unwirklichen Rhythmus, der gleichzeitig befremdlich und heimelig auf mich wirkt. Immer wieder wird eine andere Skulptur beleuchtet. Auf bemusterten schieferschwarzen Platten blicken mir ca. 30 Gesichter entgegen. Fällt das Licht auf ihre undurchdringliche Steinhaut, ihre kalten Masken, ihre metallenen Helme oder ihre eigenartigen Aus- und Anwüchse wirken sie auf tote Weise lebendig. Schwarze Augen blitzen auf, wenn das Licht in sie fällt, und fast erschrecke ich mich hinter dem Sucher meiner Kamera. Das ständig wechselnde Licht stellt während des Fotografierens eine echte Herausforderung dar. Wird ein Exponat erhellt, verweilt der Rest für kurze Zeit im Dunkel oder wird von mysteriösem Zwielicht gestreift. Da stehe ich also mit halb durchgedrücktem Auslöser und warte auf das Licht. Mulmig wird es mir schon in diesem Moment des Ausharrens und wenn die fokussierte Maske dann plötzlich im vollen Licht erscheint, belebt diese Schrecksekunde das Kunstwerk und durchfährt mich und die Fotografie, die ich augenblicklich schieße. Denis Stuart Roses Masken haben gleichzeitig eine martialisch gefährliche und empfindlich verletzliche Ausstrahlung. Bei einigen Masken schauen menschliche Schädelformationen hinter erstarrtem Material hervor. Frakturen durchziehen ihre knochige Membran. Rohe Bruchstellen ragen dem Betrachter entgegen. Münder stehen offen, als schrien sie vor stillem Schmerz. Woher stammen diese ‚Verletzungen‘? Rohre, Stachel, eiserne Rosen drängen sich durch die Köpfe, doch es gibt auch einen realen Bezug zur Künstlerbiographie, lese ich in der Braunschweiger Zeitung. Ein Tumor im Kopf hatte dem inzwischen 61-jährigen HBK-Absolventen lange Zeit das Leben zur Hölle gemacht. Eine Operation warf den Künstler zurück, doch nun ist er wieder voller künstlerischem und Tatendrang! Seine Masken: Eine Bewältigung des Erlebten? Man weiß es nicht genau. Geheimnisse wohnen diesen verschlossenen „Masken“ inne und umwittern noch bis zum 26. April die Galerie einRaum 5-7. Unbedingt anschauen!