
Kulturnacht 2017. Ein abenteuerlicher Abend und andere Alliterationen
Wie? Was? Kulturnacht? Sowas gibt’s in Braunschweig? Ja, tatsächlich! Schon zum 12. Mal in Folge. Und kaum zu übersehen ist sie dazu, denn 300 unterschiedliche Veranstaltungen auf 100 Orte in der Stadt verteilt, bilden mit dem zeitlichen Rahmen von 18 bis 23 Uhr die Nacht der Kultur(en). Wie eine solche Nacht aussehen kann, zeige ich euch mit meinem persönlichen Bericht.
Seid ihr bereit? Juhu!
Text und Fotos: Jacqueline Schwaneberg
Licht aus. Spotlight an. Vorhang auf. Trommelwirbel! Es geht los mit der Braunschweiger Kulturnacht!
Zuerst verschlug es mich in die „Makery“. Dort war ich mit einigen Menschen verabredet, um den „Catchy Tunes“ zu lauschen. Eine Band, die seit 10 Jahren gemeinsam Musik macht, mir aber erst sei einigen Monaten wirklich bekannt ist. Viel zu spät, stellte ich fest. 18:30 Uhr würden sie beginnen.
Bereits auf dem Weg wurde ich von anderen Veranstaltungen der Nacht ausgebremst. Am Staatstheater, wo fleißig Musik gespielt wird, und einige Schritte später auf dem Herzogin-Anna-Amalia-Platz, auf dem noch mehr Musikalisches angeboten wurde. Ich hielt kurz an, um dem Geschehen der Bühne zu folgen, stets meinen Zeitplan im Auge behaltend. Ich ging rasch weiter, sodass ich 10 Minuten vor Beginn des Mini-Konzertes in der Makery ankam.
Mit einem Sektchen in der Hand und bereit für das Eindrücke-Sammeln, setze ich mich auf einen roten Sessel. Auf einem gläsernen Kaffeetisch befand sich eine Karte des Cafés, welche ich genauer begutachtete. Lecker sahen die Brote aus, die sich andere Gäste bestellten, ebenso die Getränke. Das Etablissement ist dank der weitläufigen Fenster, welche keine Gardinen besitzen, gut beleuchtet. Volker Wendt, ebenfalls Teil der Kulturnacht, stellte fest, kein Fan von Vorhängen zu sein und ich musste seiner Äußerung beipflichten, man fühle sich ein bisschen wie ein Fisch im Aquarium, was wir lustig fanden, da man es als Mensch doch so selten erlebt.
Die Catchy Tunes stellten sich vor. Daniel und Tanza bilden das dynamische Duo, welches unter Anderem eine Säge ins Spiel brachte, um dieser Töne zu entlocken. Sie spielten ihre EP „Waiting For The Dawn“, auf welcher sich zum Beispiel ein Lied über das Den-ganzen-Tag-im-Bett-Liegen befindet.
Mit flotten Gitarren und harmonierenden Stimmen frohlockten sie das Publikum, welches von Lied zu Lied begeisterter klang. Ihr letztes Stück war ein Sommersong. Sie erzählten, dass dies seit Jahren der Sommersong des Jahres werden sollte. Schließlich hätte er alles zu bieten. Sogar eine einfache Textstelle, bei der jeder mitsingen könnte. Daniel verteilte percussions im Publikum, sodass die „bewaffneten“ Menschen mitmachen konnten. Lustig war’s! Anhand der Mitmach-Quote zu urteilen, war ich nicht die Einzige, die dies so sah.
Eine Stunde war vorüber und die Bühne wurde für den darauffolgenden Act geräumt. Unterdessen bestellte ich mir eine Melonenlimonade, um für den nächsten Auftritt gewappnet zu sein. Eine Kultunachtmitstreiterin verabschiedete sich bereits. Sie würde sich im „C1 Cinema“ das Poetry-Slam-Programm anschauen, erklärte sie.
Um 20 Uhr war es Zeit für Runde zwei. Alexander Dorenberg und Volker Wendt präsentierten Gedichte, eigene Songs und die ein oder andere Cover-Version. Dabei wechselten sie sich stetig ab, sodass die Stunde abwechslungsreich gestaltet war. Volker wies zwischendurch auf den kleinen Holztisch mit seiner Lieblingsscheibe hin, die EP von den Catchy Tunes, und dass natürlich auch die Gedichte gekauft werden könnten.
Zwei Gedichte, die mir besonders im Gedächtnis hängengeblieben sind, waren: eines über den Jugendwahn mit dem passenden Titel „Alter Falter“ – wie amüsant! – und ein weiteres, bei welchem Volker zum Mitmachen einlud. Wenn immer er mit der Hand eine Bewegung machte, sollte aus dem Publikum ein „Ouhhhh“ erklingen, welches ein Sich-gruseln widerspiegeln sollte. Das waren nur zwei von vielen Gedichten, die unter Anderem von Geisterbahnen, Gefühlen und der Liebe erzählten.
Nach ein paar Gedichten trug Alexander Dorenberg immer wieder mit Gitarre und Stimme Lieder vor. Bei ihm waren die Themen ebenso breit gefächert. Einige Lieder waren selbst geschrieben, andere waren gecovert. Zum Beispiel „Join Me in Death“ von HIM. Plötzlich ein Stilbruch. Ein Track, den Viele womöglich auf Trash-Pop-Parties wiederfinden sollten, folgte: „It Wasn’t Me“ wurde in eine Akustik-Version verwandelt, welche besonders mit den Textteilen von Shaggy, welche Alexander treffend imitierte, für Amüsement bei den Menschen sorgte.
Zum Schluss spielten sie das „Mondlied“ gemeinsam. Damit wurde Volker ins kalte Wasser geworfen. Er erläuterte, dass sie das seit Jahren nicht mehr probten. Es ging glücklicherweise gut aus und wir wurden mit einem wohligen Gefühl entlassen.
Der Rest meiner Begleitung verließ mich nun, da diese zur Magnikirche aufbrachen. Dort trat die Gruppe „Sorella a capella“ auf. Ich hatte derweil ein anderes Ziel: Die Karstadt-Parkdeck-Party aka GrooveTop.
Die Zeit spielte mir nicht in die Hände, denn um zum Karstadtdach zu gelangen, musste ich einen etwa 10-minütigen Weg gehen. Und langsam war eine Toilette von Nöten. Mist!
Also kurzen Zwischenstopp auf dem Kohlmarkt eingelegt, wo mich bereits die nächste Menge Menschen begrüßte. Vielleicht nicht wortwörtlich, denn diese hörte den Künstlern auf der Bühne zu. Auf dieser befanden sich Herren mit Gitarren. In meiner Recherche fand ich heraus, dass es „Sueño Del Sol“ waren. Der Stopp dauerte allerdings nicht zu lange. Die Kulturnacht war zur 22. Stunde schon fast vorbei und ich wusste, dass die Karstadtparty um 23 Uhr beendet sein würde.
Ich spurtete und … an dieser Stelle stelle ich eine fragwürdige Frage: Auf was traf ich wohl, als ich am besagten Gebäude mit dem K ankam? Genau, mehr Leute! Dieses Mal nicht tropfen-artig, sondern in Schlange geordnet.
Die Fahrstühle des Parkhauses bewegten sich non-stop hoch und runter. Einige Gruppen versuchten über die Auffahrt zur Party zu gelangen, wo sie von einem Sicherheitsmitarbeiter aufgehalten wurden.
Etwas später fand ich mich auf der Party wieder. Elektronische Klänge dröhnten durch die Lautsprecher und Silhouetten bewegten sich zum Rhythmus der Musik. Der mit Wolken bedeckte Himmel ließ streifenförmige Lücken, durch welche die letzten, orangenen Sonnenstrahlen ihren Weg fanden. Drehte man sich um, konnte man den Mond beobachten, wie er es den Sonnenstrahlen gleich tun wollte. Mit einigen anderen Gästen stand ich an einem Gitter und bewunderte das Spektakel. Eine solche Aussicht hatte ich schon lange nicht mehr genossen.
Stefanie Krause traf ich auf ein kleines Pläuschchen. Sie war völlig im Veranstaltermodus und berichtete von den Hindernissen, die die Organisation dieser Party stellte. Sie zog rasch weiter und ich schaute etwas auf dem Dach herum. Lichtkunst, die Viele_Sophen und Stände für den Getränkeverkauf waren zu entdecken.
All zu lange konnte ich hier leider nicht bleiben. So begab ich mich zum Ausgang, welcher über die Spirale erfolgte. Von dort herunterschauend sah ich rechts die lange Warteschlange und geradeaus, auf einem anderen Dach, die Jazz-Musiker „Dixie Fire“, die ordentlich Laune bei den Leuten machten.
Die letzte Station erwartete mich. Im Riptide fand schon seit 22 Uhr eine Lesung statt, zu der ich eine ganze halbe Stunde zu spät erschien. Im Café war es etwas leerer, was ganz angenehm war. Als ich zuvor dran vorbei lief, war es nämlich randvoll.
Zum entspannten Geschichtenhören nahm ich die halb-gefüllte casa de Riptide dankend an. Vom „read ‚em all“ mit Till Burgwächter, Axel Klingenberg und Frank Schäfer bekam ich nun nur 20 Minuten mit, welche mit einem Bass-Solo-Outtro von Schepper abgeschlossen wurden. Ich war froh diese Minuten noch miterlebt zu haben. Die Jungs verabschiedeten sich und ich platzierte mich auf eine Bank. Nach 4 1/2 Stunden hatte ich endlich die Ruhe, ein paar Worte über das Erlebte niederschreiben zu können …
***
Ein Abend voller Action ist vorbei und im Riptide ist noch lange keine Aufbruchstimmung. „Wann hast du Feierabend?“, frage ich den Kellner, der im Hauptteil des Cafés hektisch (und mit einer gewissen Coolness) die von den Gästen zurückgelassenen Gläser und Flaschen an mir vorbei aufräumt. „2 oder halb 3“, begegnete er. Definitiv kein Ende für ihn, denn es ist gerade einmal 23 Uhr. Für die Kulturnacht ist es dennoch eines.
Ein weiteres Mal vom Schreiben aufschauend, sehe ich ein kleines Grüppchen über die Kunst an den Wänden sprechen. Ich hörte, dass eine der zwei Damen Roberta Bergmann ist, die hier ihre Vernissage „Vom Suchen und Finden“ veranstaltet hatte. Die Chance will ich mir nicht entgehen lassen und stehe auf, um zu intervenieren. Da ich zuvor die Preisliste der Kunst betrachten konnte, bekundete ich mein Interesse eines der Bilder käuflich erwerben zu wollen. Sofort könnte ich es nicht, erklärte ich. Die Künstlerin schlug mir vor, ich könnte eine Anzahlung tätigen und das Werk abholen, wenn das nötige Geld vorhanden wäre. Bis zum 13. August, solange werden ihre Bilder im Gebäude hängen, hätte ich Zeit, ergänzt sie. Der Deal war per Händedruck geschlossen. Ich darf zwischen dem wändischen Exemplar und einem anderen entscheiden. Ein kleines Katzenbild soll es also werden und freue mich jetzt schon riesig auf den Tag, an dem ich es abholen darf!
Einen besseren Abschluss hätte es für die Kulturnacht kaum geben können. Ich erlebte nicht nur fast 5 Stunden geballte Kultur, sondern konnte mir sogar ein kleines Stück mitnehmen. Wie schön!
Erstaunlich finde ich nach wie vor das Ausmaß der Kulturnacht. Ich selbst konnte 4 Veranstaltungen – und ein paar zerquetschte – an 3 Orten und Wegen mitnehmen. Dabei umfasst die kulturelle Nacht 300(!) Veranstaltungen an 100 verschiedenen Standorten. Was ich wohl alles verpasste? Vermutlich eine Menge. Doch dafür gibt es ja die kommenden Kulturnächte, um spannende Dinge an ganz anderen (vielleicht neuen, mir noch unbekannten) Orten zu erleben. Zumindest hoffe ich das!
An dieser Stelle dem ganzen organisatorischen Team der Kulturnacht zu danken, ist unabdingbar: Danke! Ich denke, ich spreche für alle Besucher, wenn ich schreibe, dass ihr da etwas wirklich Tolles auf die Beine gestellt habt. Eine solche Aktion ist jedoch nicht ohne all die mitwirkenden Musiker, Texteschreiber, Ladenbesitzer und sonstige Akteure möglich, die den Abend bespielen, belesen, bewirten oder bespaßen. Demnach gilt auch euch der Dank!
Aus meiner persönlichen Erfahrung der Kulturnacht heraus möchte ich in order of appearance der Makery, den Catchy Tunes, Volker Wendt und Alexander Dorenberg, Karstadt mit seinem Dach, Stefanie Krause, dem Riptide, Till Burgwächter, Axel Klingenberg und Frank Schäfer, Schepper und zu guter Letzt Roberta Bergmann danken.
Ihr alle habt meinen Abend zu einer erinnerungswürdigen Ersterfahrung mit der Kulturnacht gemacht ♥
Interessante Links und Informationen:
Braunschweiger Kulturnacht
Café Makery
Catchy Tunes
Volker Wendt
Alexander Dorenberg
Café Riptide
Till Burgwächter
Axel Klingenberg
Frank Schäfer
Schepper
Roberta Bergmann