
Kult im Kult: Kay & Funky von Ton, Steine, Scherben mit Gimmick
Zwei Veranstaltungen lockten mich am Freitag, den 27.10.2017, hinter dem kuschelig wummernden Ofen hervor. Zum einen der Auftritt von Lieblings-Philosoph Richard David Precht, der als Key Note Speaker auf dem „Deka Future Talk“ in der Braunschweiger TU-Mensa über die Wirkung der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft spricht. Zum zweiten Kai und Funky von Ton Steine Scherben, die mit Frontsänger Gymmick im „Das Kult“ meine 70er und 80er Jahre wieder auferstehen lassen wollen. Beides beginnt fast zeitgleich und so entscheide ich mich für Kult im Kult. Es ist übrigens meine Premiere in Braunschweigs kleinstem Theater, das Thomas Hirche hier im Schimmelhof betreibt.
Ein Gastbeitrag mit Text und Fotos von: Tina Bosse
Die räumliche Größe spielt allerdings keine Rolle (das Theater ist übrigens gar nicht SO klein), denn die Dimensionen verändern sich, als William Wormser im Vorprogramm die Verbindungstür zu den absurden und surrealen Welten öffnet, in der Kopf und Herz auf gleichen und unterschiedlichen Wegen gehen. „Hab Geduld, wenn die Liebe Dich anschreit“ singt er mir entgegen und behauptet, „Es funktioniert“. Großartiger Song. Gleich danach legt sich „sein Gehirn hin und macht die Beine breit“. Eine feine Kostprobe, die William hier gibt und Lust auf mehr macht. Die Gelegenheit dazu gibt es am 24.11. – auch im Kult. Sehr entspannt und präsent kommen Kai, Funky und Gymmick auf die Wohnzimmerbühne und ziehen ganz andere Saiten auf, nehmen uns an Bord als blinde Passagiere und versprechen Land in Sicht. Ein wunderbarer Auftakt. Gymmick, ganz anders und doch ganz ähnlich, bringt den Zauber von Rio Reiser auf eigene Weise auf die Bühne. Ich gebe zu, ich hänge ein bisschen an seinen Lippen, als der Appell ertönt „Wir müssen hier raus! Das ist die Hölle! Wir leben im Zuchthaus! Wir sind geboren, um frei zu sein“. Mein persönlicher Höhepunkt, quasi meine Hymne, lässt ein bisschen auf sich warten, aber kommt. Bis dahin springen wir alle auf den Wolken dem Haifisch ins Maul, machen kaputt, was uns kaputt macht und brennen das Zauberland ab. Jedes Lied ein Universum für sich. Und dann schließlich: „Halt Dich an Deiner Liebe fest“. Ich bin froh, dass weder Feuerzeuge noch Handys aufleuchten. Dafür brennt die Luft und wird getragen von einem satten Sound, dem wir
Michael Ladebusch zu verdanken haben. Verrückt. Irgendwie war das gar nicht so „Achtziger“. In Analogie zu unserer „digitalisierten“ Gesellschaft lebt die Revolution weiter. Liegt ja an uns, ob wir die Welt in Ton, Steine und Scherben zurücklassen oder unsere Vorstellungen von einer besseren Welt verwirklichen, oder ist das, oder ist das, oder ist das alles Lüge?