
In fremden Wohnzimmern geht’s ab
Dieses Wochenende spielte sich wohl nicht nur viel auf dem Filmfest ab, sondern auch in Braunschweigs Wohnzimmern. Hier flimmerte aber nicht nur Fußball über die Leinwände, sondern hier philosophierte der Punk über Männer, Liebe und fremdgehende Weihnachtsfrauen. Zitrone Rock und Marc Domin gaben am Freitag, den 8. November 2013, ein Konzert – mitten in einer privaten Wohnung. Lest jetzt schnell meinen Bericht auf Kult-Tour Braunschweig, denn eine schwankende Wohnzimmerlampe später fand ich mich bereits im B58 wieder, um noch mehr über Punk und den rockenden Bültenweg erzählen zu können.
Text: Daniela Wedau | Foto: Angelika Stück
Hatte ich erwähnt, dass meine Uhren anders ticken? Nun gut, auf jeden Fall hab ich mir Mühe gegeben, pünktlich zu sein. So rase ich stolpernd in ein Wohnzimmerkonzert mit ca. 25 Braunschweigern, die alle gleichzeitig versuchen, sich einen überaus begehrten Platz auf dem Boden zu sichern. Die ganz Pünktlichen haben sich bereits eine Sitzgelegenheit aus dem bunten Sammelsurium aus Stühlen und anderen Gemütlichkeiten geschnappt. „Zitrone Rock“ gibt hier mit aufgerissener Hose und seinem neuen Kumpanen Marc Domin seinen ganz eigenen Punkrock zum Besten. Die beiden haben sich neu zusammen getan und touren ab jetzt und sofort durch die Wohnzimmer dieser Stadt. Mit Akustikgitarren bewaffnet springen sie in den Raum hinein und starten in eine Show, die nicht nur punkig ist, sondern auch literarisch. Zwischen den Songs, die Elemente aus Punkrock und Folk verbinden, werden einzelne Stücke auch ohne musikalische Begleitung vorgetragen. Es ergibt sich eine tolle Mischung aus Lesung und Konzert und dabei ist es überaus amüsant, den beiden zuzuhören. Klang und Wort gehen hier eine ganz ungezwungene Verbindung ein und ergeben in Kombination eine Dabietung, die gleichermaßen unterhaltsam und überzeugend ist. Sie geben zum Besten, wie Männer wohl die Welt so sehen und wahres Testosteron kommt zum Vorschein.
Künstler und Begeisterte treffen hier in einem Braunschweiger Wohnzimmer aufeinander und verleben einen Abend, der eigentlich nicht zu Ende gedacht werden kann. Denn dieser Abend lebt sozusagen selbst. Hier feiern Künstler und Publikum gemeinsam auf einer Ebene. Ich genieße den vollen Überblick über den grenzenlos gefüllten Raum von der Wohnzimmertür aus. Was für ein Spektakel! Von hier vernehme ich, wie „Zitrone Rock“ verkündet, dass Wohnzimmerkonzerte besser seien, als auf einer Bühne zu stehen vor vier, nicht zahlenden Gästen. Auf dieser Wohnzimmerbühne geht es auf jeden Fall ganz schön provokant zu. Nach der Frage von „Marc Domin“ an sein Publikum, wer von den Anwesenden denn schon mal fremdgegangen sei, verhalten sich auf einmal alle ruhig und sitzen mit einem kleinen „Scheiße – erwischt – Lachen“ im Raum. Genau in diesem diesem Moment stoße ich fast die Wohnzimmerlampe zu meiner Linken um. Eigentlich sollte man so einen amüsanten Abend nicht so früh verlassen, aber ich möchte heute unbedingt noch den Absprung ins B58 schaffen. Fast hätte ich die Zeit vergessen, doch nach dem Song „Der Weihnachtsmann ist eine Frau“ frage ich mich plötzlich: „Scheiße, wie spät haben wir es denn schon?“ Ich muss los, um mir mehr Punk um die Ohren blasen zu lassen. Eine öffentliche Liebeserklärung später, von „Marc Domin“ an seine Allerliebste, finde ich mich dann schon vorfahrtnehmend und angehupt vor dem B58 wieder, um meinen Bulli zu parken…Dranbleiben!