
„Hey Sexy“: Tourauftakt von Fortuna Ehrenfeld in Braunschweig
„Ich grüße Euch Matrosen, ich habe Euch lange nicht gesehen“ sind eine der ersten Zeilen von Fortuna Ehrendfeld, die am Freitagabend durch das gemütliche Eulenglück in Braunschweig tönen. Der Konzertveranstalter undercover setzt mit der Kölner Band um Multiinstrumentalist Martin Bechler seine interessante Clubkonzertreihe in der Löwenstadt fort.
Text und Fotos: Markus Hörster
Zunächst wird das Publikum schon von dem Braunschweiger Liedermacher Marian Meyer in Stimmung gebracht. Mit „Illusionist“ gibt er schon einen vielversprechenden Vorgeschmack auf sein gleichnamiges zweites Album. Irgendwann dieses Jahr soll es erscheinen. Nach rund einer halben Stunde und der Mitsingnummer „Ida“ vom ersten Album „Ich möchte Heim“ – bei der es Meyer bestens versteht, das Publikum zum lautstarken Mitsingen zu animieren – ist die Bühne frei fürHauptact Fortuna Ehrenfeld.
Sänger und Gitarrist Martin Bechler (viele Jahre arbeitete er im Hintergrund z.B. mit Rainald Grebe und Dieter Nuhr zusammen) und seine jungen Mitmusiker Jenny Thiele (Keyboard) und Paul Weißert (Keyboard, Schlagzeug, Percussion) starten in Braunschweig ihre Tour quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz – teilweise sind sie als Support der Jungs von „Kettcar“ unterwegs. Am Tag zuvor, erzählt Bechler auf der Bühne, habe er noch Grippe gehabt und bei den Proben half ein Mundschutz dabei, die Bandkollegen vor den tückischen Viren zu bewahren. Pünktlich zehn Minuten vor dem Gig in Braunschweig war dann aber wieder alles in Ordnung.
Das Set startet ruhig und steigerte sich dann langsam in Tempo und Intensität. Einer der stärksten Songs des aktuellen zweiten Albums „Hey Sexy“ kommt schon ziemlich früh: „Das letzte Kommando“. Ein Song der als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten Ende 2016 geschrieben wurde. Passend dazu beginnt der Songtext mit den einprägsamen Worten „Ein Tag zum Vergessen, ein Tag wie ein Schwein. Zum Töten zu rosa, zum Fressen zu klein“. Die kreativen, ironischen und humorvollen Texte sind es, die die Musik von Fortuna Ehrendfeld besonders auszeichnen. Zum Beispiel heißt es in„Nach Diktat verreist“: „Ich war der Zahnarzt von Darth Vader. Ich hatte immer gut zu tun. Und dann hab ich dich getroffen. Und das ging so“. Zeilen, die einem nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Die Band ist das beste Beispiel dafür, was für ein Potential und Tiefgang deutschsprachige Musik haben kann.
Anders als auf Fortuna Ehrenfelds im Jahr 2016 veröffentlichtem Erstlingswerk „Das Ende der Coolness, Vol. 2“ sind auf der aktuellen Platte deutlich mehr elektronische Klänge zu hören. Produziert wurde es von Martin Bechler zusammen mit Produzentenlegende René Tinner (Lou Reed, Trio). Ohrwürmer sind aber auch auf dem ersten Album viele zu finden. „Ich bin eine Rakete und ich schieß mich zum Mond. Dann ist endlich der Mond auch bewohnt.“ Und so spielen Fortuna Ehrenfeld in Braunschweig einen bunten Mix aus den zwei Alben. Vor dem Konzert äußerte ein Konzertbesucher über Facebook den Wunsch, den nachdenklichen Song „Zwei Himmel“ von Album Nr. 1 hören zu wollen. Der Wunsch wird prompt erfüllt. So muss Fan-Nähe sein.
Fortuna Ehrenfeld klingen erfrischend anders und transportieren den Studio-Sound auch live sehr überzeugend. Gerade durch die intime Atmosphäre im Eulenglück entsteht eine Art Proberaumromantik und als Zuhörer hat man schnell das Gefühl, Freunden beim Musikzieren zuzuhören. Dazu tragen auch Anekdoten wie die von einem ganz besonderen Auftritt von der Band vor kurzem auf einem Kindergeburtstag bei. Man merkt Martin, Jenny und Paul an, dass sie Spaß an dem haben, was sie machen. Politisch wird es auch: Martin Bechler positioniert sich klar gegen die AfD und fordert alle AfD-Sympathisanten auf, das Konzert zu verlassen. Nach einigen Zugaben (darunter „Pizzablitz“) nehmen sich die drei Musiker noch ausgiebig Zeit für Autogramme und Selfies. Schön, dass wir Fortuna Ehrenfeld live in Braunschweig erleben durften. Gerne bei der nächsten Tour wieder.
Übrigens: einige prominente Fans und Unterstützer haben sie auch schon gewonnen. So sagt etwa Singer-Songwriter und Moderator Olli Schulz: „Eine überlebenswichtige Platte, vor allem wenn man aus einer Region wie Köln kommt. Die lakonische Stimme erinnert an Wum, den Hund vom großen Preis, was toll ist. Atmosphärisch, wie eine gute, leider nie gesendete Derrick Folge. Lustig, kluge und herzergreifende Fuck-You-Mugge.“ Und Musiker Gisbert zu Knyphausen meint: „Cool und eigenwillig“.

Kult-Tour | Der Stadtblog verschenkte im Vorfeld Karten für das Konzert. Hier zwei der glücklichen Konzertbesucher.
Gastautor Markus Hörster lebt in Braunschweig und ist hier geboren. Er ist Student im Masterstudiengang Medienwissenschaften an der HBK Braunschweig und arbeitet als freier Journalist und Radiomoderator.