
Herztöne im Sudhaus. Heiter-melancholische Streifzüge zum Thema „Liebe“
Herztöne, präsentiert vom Ensemble „Tityre“, gab es am Freitagabend auf der Kleinkunstbühne im Helmstedter Sudhaus zu hören. Keine Veranstaltung für oder von Kardiologen, aber in gewissem Sinne doch. Doktern wir doch alle, was den Herzschmerz aus Liebe betrifft, scheinbar honorarfrei an uns und anderen herum. Ein offenbar doch interessierendes Thema: Die vom Helmstedter Buchhändler Martin Wandersleb kuratierte Veranstaltung war sehr gut besucht, überwiegend von liebeserfahreneren Menschen.
Text und Fotos: Klaus Gohlke
Und die Erwartungen sollten nicht enttäuscht werden. Drei Damen, das Hamburger Ensemble „Tityre“, stellte einen musikalisch-literarischen Streifzug durch Texte und Chansons zum Thema „Liebe“ vor, alles sorgsam eingebettet in musikalische Miniaturen aus fünf Jahrhunderten. Es war eine bunte Mischung aus eher bekannteren Texten Kurt Tucholskys, Erich Kästners und Joachim Ringelnatz‘, sehr gut ergänzt von Humoresken jüngeren Datums, etwa von Robert Gernhardt oder Harry Rowohlt.
Unterschiedlichste „Herztöne“ suchten dabei das Publikum heim. Beißende Ironie, Sarkasmus, resignative Distanz über abgeliebte Beziehungen wechselten einander ab mit Gefühlen von Trauer und Melancholie. Wie gut dann, dass immer wieder kontrastiv humorvoll-witzige Texte mit zum Teil ganz überraschenden Pointen eingestreut wurden. So wurde das wissend – erfahrungssatte Zustimmen über enttäuschte Träume – die Ehe als Allein-Sein im Duett – durchbrochen von spontanem Gelächter und Schmunzeln über humorvolle Weisheiten, wie „Liebe ist, wenn Treue Spaß macht!“ Nicht alle Texte konnten überzeugen. Hermann Hesses philosophische Betrachtungen über Liebe und Glück sind nicht im Vorübergehen zu erfassen. Und Jandls Sprechgedicht „Ottos Mops“ ist nicht leicht als missglückte Herzensangelegenheit zwischen Herrn und Hund zu erfassen.
Doch wenn dann die Rezitatorin und Sängerin Sabine von Rothkirch Chansons vortrug, anspruchsvolle Klassiker, etwa Friedrich Holländers „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt!“, dann wurde sogar leise mitgesungen oder mitgesummt, selbst von Männern!
Die musikalischen Intermezzi hatten dann unterschiedliche Funktionen. Sie umspielten, vertieften oder konterkarierten die von den Texten ausgehenden Stimmungen. Bettina Pfeiffer am Piano und Annette Hermeling an der Flöte überzeugten mit ihrem einfühlsamen Zusammenspiel, wobei u.a. eine feine Schubert-Bearbeitung und präzise Unisono-Passagen in Mendelssohn-Liedern zu gefallen wussten. Um allerdings Tucholsky-Texte mit barocker Musik des frühen 18. Jahrhundert zusammen zu bringen, musste man ganz schön um die Ecke denken.
Nach der Zugabe lang anhaltender Beifall für einen gelungenen Kleinkunstabend.