
Ein verknüpfender Kunstmarkt
Freitag, den 14.11. um 19 Uhr, eigentlich habe ich nur eine Stunde Zeit, aber die Eröffnung des 21. Kunstmarktes in beiden Torhäusern an der Humboldtstraße möchte ich mir nicht entgehen lassen. Aus einer Stunde werden selbstverständlich zwei, denn der Kunstmarkt ist eine wunderbare Gelegenheit, einige der vielen Künstlerpersönlichkeiten des Bund Bildender Künstler und ihr Schaffen kennen zu lernen. Allein dreißig Künstler des BBK stellen aus, dazu kommen mit Lars Eckert, Roberta Bergmann, Barbara Wedegärtner noch drei Gastkünstler hinzu. Da habe ich allen Grund zur Neugier, wie es den Veranstaltern gelungen ist, in den verwinkelten, heimeligen Räumlichkeiten mit ziemlich niedriger Deckenhöhe so zahlreiche Werke zu präsentieren. Doch gleich beim ersten Schritt in die Galerieräume wird mir klar: Hier hat der Freundeskreis Bildender Künstler in Braunschweig e.V. eine runde Sache kreiert.
Text und Fotos: Stefanie Krause
Obwohl beide Torhäuser mit Kunstfreunden gut gefüllt sind und ich mich an mancher Stelle mit einer Entschuldigung auf den Lippen und sanftem Druck hindurchzwängen muss, strahlt die Ausstellung eine Harmonie und Offenheit aus und entwickelt gar keine beklemmende Enge. Das ist erstaunlich, denn nicht nur an den Wänden sondern auch am Boden finde ich viele Bilder und Objekte, die zum Stöbern einladen. Ja, zum Stöbern. Ich stelle fest, dass auf dem Kunstmarkt die Distanz zwischen Kunst und Betrachter in gewisser Weise aufgehoben ist und hier andere Regeln als auf einer konventionellen Ausstellung herrschen. Hier kann der Besucher nicht nur schauen, sondern auch anfassen, blättern, suchen und selbstverständlich auch fündig werden, denn die Auswahl ist vielfältig und umfangreich. Vor allem Tafelbilder und gerahmte Bilder sind zahlreich vorhanden und machen die Wände der Torhäuser zu reizvollen Suchflächen fürs Auge. Trotzdem wird die
Wahrnehmung nicht überreizt, denn die Hängung hat zwar jede freie Fläche ausgenutzt, aber jedem Werk, sei es noch so kleinteilig, einen angemessenen Platz zugewiesen. Verantwortlich für die Hängung im Kunsthaus der BBK zeigt sich Michael Benning, der hierbei sehr einfühlsam und aufmerksam vorgegangen sein muss. So orientiert er sich auch an ganz emotionalen Parametern und versucht zum Beispiel die Kunst von Pärchen eng beieinander zu hängen und so auch mittels der Präsentation einen verknüpfenden Kontext zwischen den Werken und ihren Urhebern zu erschaffen. Die Anordnung im Torhaus des Botanischen Gartens hat Andreas Rauscher vorgenommen. Sein Konzept zeigt die Skulpturen, Malereien, Zeichnungen und Grafiken innerhalb eines umfassenden aber klarsinnig strukturierten Bezugsrahmen. Damit beweist er, dass Kunst auch in engeren Räumen die nötige ‚Luft zum
Atmen‘ gewährleistet werden kann.
Dazu sind fast alle austellenden Künstler anwesend und stehen für Nachfragen bereit. Bei meiner Ankunft sind bereits leidenschaftliche Debatten zwischen den Künstlern und den Kunstliebhabern im Gange und es macht Spaß zuzuschauen. Schließlich geht es hier nicht um irgendwelche unpersönlichen Konsumgegenstände, die „an den Mann gebracht werden sollen“, sondern um Herzensangelegenheiten. So komme auch ich mit mehreren Mitgliedern des BBK ins Gespräch und erkenne dabei, wie schwer es für die Schöpfer manchmal sein kann, sich emotional von gewissen Stücken zu trennen. In jeder erschaffenen Form steckt auch immer ein Teil des Menschen, dessen Idee, Talent und Geist in diesem ‚Kunst-Stück‘ manifest geworden ist. Vor allem bei Christin von Behrbalk spüre ich im Laufe der Unterhaltungen die tiefe Bindung, die sie zu ihren dargebotenen Fotografien und filigranen Gebilden hat. Wir kennen uns schon länger, daher muss ich schmunzeln, als sie mir euphorisch von Rosi Marx vorgestellt wird. Rosi Marx ist schon seit längerem Mitglied des BBK und freut sich über den „frischen Wind“, der mit Neuzugängen wie Christin von Behrbalk oder auch Sascha Dettbarn durch den traditionsreichen BBK weht.
Sascha Dettbarn präsentiert
in unmittelbarer Nähe zu von Behrbalks fotografischen Selbstporträts einige seiner Malereien, die auf mich wie gleichzeitig im- und explodierende Endzeitutopien wirken. Der Kontrast zwischen spannungsvoller, malerischer Ausdruckskraft auf der einen Seite und sanfter, fotografischer Bildharmonie auf der anderen wird in diesem Fall zu einer wirkungsvollen Einheit, was wiederum für die gewählte Hängung auch in diesem Raum des oberen Stockwerks spricht. Wie von selbst werde ich während der Betrachtung in das Nebenzimmer weitergeführt, wo mir unter anderem Rosi Marx‘ Bilder begegnen. Hier fällt mir insbesondere auf, wie mit zurückhaltenden Gestaltungsmethoden auf kleinsten Formaten eine überraschend große mystische Wirkung entwickelt werden kann. Marx‘ Arbeiten changieren im Spannungsfeld von Verhüllen und Offenbaren und in diesem Kontext fühle sie sich mit von Behrbalks Kunstpraktiken „sehr verwandt“. Das verrät sie mir, während Rosi Marx auf die handbestickten und verzierten Schwarz-Weiß-Fotos von der BBK-Kollegin hinweist. Schön, dass man sich hier so verbunden fühlt!
Trotz des begrenzten Raums, den sich sozusagen die Kunstwerke teilen müssen, scheint sich hier kein Künstler unterrepräsentiert zu fühlen. So kommt es an diesem Abend nicht nur einmal vor, dass mir Werke von Künstlern vorgestellt werden, die eigentlich aus der Hand eines anderen stammen. Auch im gegenüberliegenden Torhaus, welches sich an den Botanischen Garten schmiegt, vollzieht sich dieses Spiel, welches auf angenehme Weise den Zusammenhalt der Künstler spiegelt. Bianca Höltje zeigt mir nicht nur ihre detailverliebten, manchmal nahezu romantisch verklärten Zeichnungen, sondern bringt mich auch mit
Uve Mehr in Kontakt, der sich für streng geometrische Schwarzweißmusterflächen verantwortlich zeigt, die aber während des Prozesses der Betrachtung in schwingende Dynamik geraten. Zum Schluss verzettel ich mich im wahrsten Sinne des Wortes mit meinem Zeitplan während eines Gesprächs mit Charlott R. Kott, die mir mehrere Exemplare ihrer ergreifend-reduzierten Tuschzeichnungen und Grafiken vorführt. Aus dieser Konversation muss ich mich dann doch schweren Herzen abmelden. Hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre ich bestimmt mit noch mehr Menschen aus dem Freundeskreis Bildender Künstler Braunschweig e.V. ins Gespräch gekommen. So kann ich nur jedem raten, von der hektischen Innenstadt und der hier bereits beginnenden Weihnachtskonsumraserei einmal ganz bewusst Abstand zu nehmen, sich in die Torhäuser in der Humboldtstraße zu verlaufen und sich vor Ort ganz entspannt in die Kunst zu vertiefen – oder: Man zieht sich für ein Weilchen in die goldenen Hochstände von Christin von Behrbalk zurück, die auf einem Bett aus Herbstlaub im Garten hinter dem BBK-Torhaus stehen und zu einem Moment der Ruhe einladen.
Mit den BBK Braunschweig Künstlern und Künstlerinnen:
Bianca Höltje, Dörte Lehnigk, Michael Benning, Paula Gottschlich, Hans Manhart, Jürgen Neumann, Ina Falkenstern, Valerie Hanisch, Felicia Holland, Rosi Marx, Friedemann Seeck, Christin von Behrbalk, Sascha Dettbarn, Zinate Engel Michael Ewen, Taissia Habekost, Wolfgang Hau, Heike Hidalgo-Serna, Helge Karnagel, Jonas Karnagel, Uve Mehr, Ina Otto, Esra Özen, Thea Pini, Gisela Salverius, Gisela Weiß, Ev Zinkernagel, Manfred Fischer, Yvonne Salzmann, Deborah Uhde, Ingrid Ahrens
Außerdem begrüßt der Freundeskreis als ausstellende Gäste:
Lars Eckert, Roberta Bergmann, Barbara Wedegärtner
Öffnungszeiten:
Samstag 15.11.2014 11-18 Uhr
Sonntag 16.11.2014 11-18 Uhr
Montag 17.11.2014 15-18 Uhr
Dienstag 18.11.2014 15-18 Uhr
Mittwoch 19.11.2014 15-18 Uhr
Donnerstag 20.11.2014 15-18 Uh