
Der Bültenweg Punkt!
Babypinkeln unter Muckerkreisen im B58. Partylaune, Punk, Rock, Ska und Reggae treffen sich zum Schampus trinken mit „Jinx“, „Loudog“ und „Wisecräcker“ im Braunschweiger Bültenweg, um gemeinsam eine riesige Privatparty – getarnt als Konzertveranstaltung – abzufeiern.
Text: Daniela Wedau | Foto: Frank Tobian
Das Wohnzimmerkonzert von Zitrone Rock und Marc Domin ist mir noch im Ohr, als ich die ersten mir bekannten Gäste sehe. Rauchend vor dem großen Tor des B 58 wird sich auf die kommende Punkveranstaltung eingestimmt. Das 1. Thema, das ich vernehme, ist die Braunschweiger Eintracht. Langsam aber sicher wird mir klar, dass sich diese Stadt anscheinend voll und ganz im Fußballfieber befindet. Aus diesem Grund beginnen heute die Konzerte später als erwartet. Draußen ist es dennoch gut gefüllt. Typisch fürs B 58 spielt sich auch hier die Party ab und nicht nur im Raum 8 im 1. Stock. Ebenfalls charakteristisch für diesen Veranstaltungsort ist, dass Treppe rauf und Treppe runter das Haus durch viele Menschen in Bewegung ist. Wie schön, denke ich mir, alles beim Alten. Als ich selbst oben ankomme, herrscht fantastische Laune und die erste Band „Jinx“ spielt bereits.
Ich muss erst mal ab zur Theke. „Ein Bier bitte! Danke!“ Eins wird klar sein, denke ich mir, an einem Abend mit Punk, Ska, Rock und Reggea wird Bier wohl das Getränk des Abends sein. Und auch wenn zeitgleich „Jinx“ das Getränk noch durchs Mikro einlädt, dabei zu sein, als hätte Bier eine eigene Persönlichkeit, soll uns die nachfolgende Band „Loudog“ heute noch überraschen. Denn alles kommt bekanntlich anders als man denkt.
Zack! Kurze Zeit später stehe ich auch schon auf der Tanzfläche zwischen Vans, Docs und Chucks. Die Musik ist zum Abfeiern laut und man wird von aufgeschlossenen, bandbegeisterten Braunschweigern mitgerissen, die Bock auf Tanzen und Feiern haben. „Jinx“ kommen ursprünglich aus Nienburg und schreiben sich 14 Jahre gemeinsames Musizieren auf die Federn. „JINX steht für eine Langzeit-, Fern-, Fünfecks- und Wochenendbeziehung“, erzählen sie mir später. Und um das zu verstehen, muss man sie live kennenlernen und erleben, denn man wird es auf der Bühne wiederfinden: Diese vier Jungs lieben die Musik! Der Frontsänger ist ein absoluter Sympathieträger und setzt sich auf der Bühne eindrucksvoll in Szene während er zwischen Gitarre, Trompete und Gesang wechselt. Seine Ansagen machen Spaß und ich höre ihn sagen: „Elfen hüpfen nicht! Sie können fliegen!“ Euphorisch denke ich mir: „ Ja, wie wahr, wie wahr. Also Braunschweiger, kommt und lasst uns feiern!“ Die vier hemmungslosen Herren von „Jinx“ hantieren aufgeschlossen zwischen Punkrock, Ska, Emocore, Crossover und Reggae. Diese musikalische Offenheit wird sofort vom Publikum begeistert entgegen genommen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als das Tanzbein zu schwingen und mit abzugehen. Man erkennt nicht, dass diese Band hier zum ersten Mal spielt. Vielmehr ist es so, als seien sie schon ewig und drei Tage dabei, der Braunschweiger B58-Gemeinde die Ohren voll zu hauen. Es ist egal ob man hier alleine her kommt oder mit vielen. Dieses Zusammenspiel verschafft einem das Gefühl, mitten drin statt nur dabei zu sein.
Danke Jungs! Ihr habt Ohrwürmer hinterlassen und obwohl ich selbst oft als Elfe bezeichnet werde, binde ich mir die Flügel zusammen und hüpfe! Ihr seid super und wenn ich nicht nach Bremen kommen sollte, um eurer Einladung zu folgen, dann hoffe ich auf einen weiteren Besuch von euch in unserer Stadt mit anschließender Kneipentour! Die perfekte Partyeinleitung für die Braunschweiger Band „Loudog“, denn die Musik hat Laune gemacht und der Rest der „Loudog“ -Fangemeinde kommt nun auch ins B 58. Das Haus füllt sich. Zwischendurch zieht es mich wieder nach draußen und ich kreise um den bekannten schwarzen Baukübel in der Mitte des Hofes. Hier finden sich verschiedene kleinere Gruppen zu einem großen Ganzen zusammen. Die Fans selbst empfinde ich als hemmungslose Sympathisanten und es finden Gespräche in alle Richtungen statt. Auch viele Braunschweiger Musiker hat es in den Bültenweg verschlagen, um jetzt gemeinsam mit den Bands zu feiern. Nach kurzer Zeit treffe ich auf einige, die mir schon lange bekannt sind: „TOBI WAN„, der mit „UNITED FYAH“ immer noch Musik macht; der Frontsänger von „BRONCOSAURUS„, der locker auf seinem Skatebord in die Masse hinein schlittert; Jogi, der zurzeit mit „ARJOMI“ überall in der Stadt vertreten ist; Axel von der Band „CASH FOR CANDY“; „Tatsache Verwaltung“ und Sängerin und Gitarrist von „Callin Tommy“. Letzterer wird fünf Minuten vor dem Konzert von „Loudog“ beauftragt, heute mit auf der Bühne zu stehen. So offen die Muckergemeinde untereinander ist, so offen ist auch ihr Publikum und dieses ‚Feeling‘ ist deutlich spürbar.
Axel, der Gitarrist von „Loudog“, trifft erst jetzt unten auf dem Hof ein, um dann gleich oben auf der Bühne durchstarten zu können. Er ist vorherige Nacht Vater einer wohl zukünftigen Rockerlady geworden. Und ab diesem Moment läuft alles anders als erwarten – Ich würde es so ausdrücken, „Babypinkeln unter Musikerkreisen“ und alle sind dabei und feiern dieses Ereignis mit.
Jetzt schnell die Treppe wieder hoch und dem Frontmann aufs Hemd geschaut! „Loudog“ haben nun endlich angefangen zu spielen. Ihr Bandname leitet sich vom Namen des Dalmatiners von Bradley Nowell ab. So wollten die Mitglieder von „Loudog“ dem verstorbenen Sänger von „Sublime“ ihren Respekt zollen. Und wenn ich bei „Sublime“ an Kalifornien denken muss, finde ich Kalifornien auch auf der Bühne wieder – auch im Palmen-Surfer-Hemd des Frontsängers. Arne ist taktisch auch wieder voll mit dabei. Mit seinen Percussions taucht er überall in dieser Stadt musikalisch auf. Fazit: Nicht nur „Sublime“ schaffte es, Punk, Ska und Reggae schweißtreibend zu vereinen und für, „Holt die Tanzschuhe raus!“ zu stehen, sondern auch „Loudog“ schafft das seit Jahren. Die Band selbst gibt es schon seit 2001 und geht seitdem steil nach vorne. „Loudog“ tourte bereits durch ganz Deutschland. Es verwundert mich daher nicht, dass sie mit Größen wie „Mad Caddies“, „The Toasters“, „Karamelo Santo“, „The Real McKenzies“, „The Slackers“ und vielen anderen auf der Bühne standen.
Doch das heutige Konzert der Braunschweiger Band, deren Musiker mittlerweile überall verteilt in Deutschland leben, ist anders! Nach einigen musikalischen Stücken trägt die aufgeschlossene Fangemeinde ein riesiges Banner in den Raum hinein, um Axel und seiner Freundin Glückwünsche für die neugeborene Rockerlady entgegen zu bringen. Auch die Band hat sich vorbereitet, ihrem Mitglied zu zeigen, wie man unter Muckerkreisen einen neuen Zuwachs begrüßt. Es werden Sektflaschen sprudelnd auf der Bühne geöffnet und unter den vielen Gäste verteilt. So kreist hier heute nicht nur Bier, sondern Schampus durch den Raum und wieder zurück zur Bühne. Keiner kann entkommen! Alle feiern dieses Highlight ausgelassen! Auch ich kann nicht anders, als mich dieser überaus genialen Partylaune anzuschließen und voll mit dabei zu sein. Gut gelaunt tanzen alle die Reggae-, Ska- und Punkeinheiten mit. Die Stimmung ist großartig und aufgeheizt als sich „Loudog“ von der Bühne verabschieden, um Platz für die dritte und letzte Band „WISECRÄCKER“ zu machen. Das B 58 ist voll und das Leben spielt sich mittlerweile auf drei Ebenen ab – Zwischen Backstage, Bühne und dem Kommunikationszentrum draußen vor der Tür.
Nach einer kurzen Konzertpause geht es druckvoll weiter. Auf „WISECRÄCKER“, habe ich mich besonders gefreut. Bei ihrer „Brett & Bläser“-Attacke finde ich mich nur noch tanzend mit all den anderen im Raum wieder. Diese Band ist LAUT und alle feiern ab, was Trompete und Saxophon herausposaunen. Spätestens jetzt wippen auch die letzten „Nicht-Tänzer“ mit. „WISECRÄCKER“ stammt aus Hannover und hat sich in 16 Jahren einen gewissen Status erspielt. Sie sind eine anerkannte Größe in der Fangemeinde des Punk Rock, Ska und Heavy. Nur allzu oft haben sie vor ausverkauften Häusern und Hallen gespielt und mussten zu spät kommende Fans vertrösten. Vor fast zehn Jahren eroberten sie mit Gigs und Festivals Europa und touren bereits durch die USA und Mexiko. „WISECRÄCKER“ standen mit Größen wie OOMPH, DOG EAT DOG, HORRORPOPS, PANTÉON ROCOCÓ, und THE SCORPIONS auf der Bühne, um nur einige zu nennen. Vor Jahren schlossen sie unter anderem Freundschaft mit „RANTANPLAN“, die uns im Übrigen am 18. Jan. 2014 im Hansa Kultur-Klub von Veranstalter „Peter U Tour“ serviert werden.
„WISECRÄCKER“ geben jetzt richtig Gas. Ich brauche dringend mal frische Luft. Zelebrierend mit meiner Zigarette platze ich vor dem B 58 fast automatisch in weitere Gespräche. Ich behaupte, „wir sind doch alle nur eine einzige Ausnahme, so wie der Tyrannosaurus auch Vegetarier ist“ und diese These trägt zu ausschweifenden Kommunikationenen unter allen bei. Das lässt erkennen, wie spät dieser Abend schon geworden ist. Die Party ist auf Hochtouren und nach den Konzerten tummeln sich die Mucker im Backstage Bereich, um lustige Videos vom „geilsten Konzert“ von „Loudog“ abzufeiern. Ich selbst ziehe mit einem großen Rest an Feierwütigen ins überaus gefüllte Braunschweiger Tegtmeyer weiter. Von hier aus nimmt das Braunschweiger Stadtleben seinen Lauf und die Eintracht spielt 0:0.
Egal ob man in dieser Stadt neu ist oder seit ewigen Jahren unterwegs, ich kann jedem nur empfehlen, ein Konzert der oben genannten Bands anzuschauen und mit uns zu feiern! Gute Laune und Offenheit ist garantiert! Und weiter geht es direkt schon am nächsten Freitag (22.11.2013) mit „Callin Tommy“ im B58 und am 21.12.2013 laden „Loudog“ und weitere Bands im Hansa Kultur-Klub dazu ein, beim jährlichen Weihnachtskonzert dabei zu sein und sich die Tanzschuhe mal ordentlich polieren zu lassen! Auf Wiedersehen die Herren! Die Elfe hat Laune bekommen!