
Das Traumtrio
Spontan gewinnt! Kaum habe ich erfahren, dass Schauspieler für einen Kurzfilmwettwerb gesucht werden, bin ich auch schon dabei. Die Aufgabe beim 99Fire-Films-Award, dem größten Kurzfilmwettbewerb der Welt: Innerhalb von 99 Stunden einen genau 99 Sekunden langen Film zu einem vorgegebenen Thema drehen. Für diesen Spaß nehmen sich Tausende Amateurfilmer aus aller Welt auch mal vier Tage frei! So auch (mindestens) ein Team aus Braunschweig und sie haben noch etwa zehn Hobbyschauspieler aus allen Ecken der Stadt zusammengetrommelt.
Titelfoto: Nils Oltmann | Videos/Screenshots: Nils Reiche
Unsere Regisseurin Katharina Burg managt das Filmteam und die Schauspielertruppe: Sonst schminkt sie Leute an Filmsets, und für den Wettbewerb führt sie nun zum ersten Mal selbst Regie. Dann wären da noch Michael, Robert und zweimal Nils, die sich um alles Technische kümmern.
Ein paar Tage nach dem ersten Kennenlernen geht es auch schon richtig los. Am Donnerstag, dem 22. Januar, wird morgens das Thema bekanntgegeben: „Was ich schon immer mal machen wollte“! Erschwerend kommt hinzu, dass das Wörtchen „Hashtag“ in dem Film vorkommen soll.
Aha. Und jetzt?! Nach der ersten Ratlosigkeit beginnen die Ideen zu fließen und schon am Abend steht ein erster Story-Entwurf, den die Schauspieler erstmal per Mail bekommen.
Hier eine Zusammenfassung der ersten Idee: Drei Loser träumen von oberflächlichen Dingen wie Ruhm, Geld und Party, doch am Ende siegt das wirklich Wichtige im Leben: die Liebe!
Naja, das war zumindest der erste Plan. Doch es kommt alles anders und schließlich verwandelt sich die Message in eine ganz andere… Sofern noch nicht geschehen, habt ihr jetzt die Gelegenheit, euch das Ergebnis anzuschauen. Na, findet ihr den Hashtag??
Wie dieses Video zustande kam, erfahrt ihr nun von mir ganz exklusiv. Wie gesagt: Ursprünglich sollte alles ganz anders aussehen! Zumindest das letzte Drittel. Ursprünglich sollte der Barkeeper nach den Träumereien kopfschüttelnd rausgehen und draußen seine Verlobte treffen – das war meine kleine, aber feine Rolle.
Diese Endszene filmen wir am Freitagnachmittag draußen vor dem Michaelishof. Jan läuft vom Ausgang zur Ecke, ich laufe von der Kirche nebenan auf ihn zu, wir treffen uns und laufen zusammen weiter. Hach wie romantisch. Eine scheinbar einfache Filmsequenz, die es aber in sich hat: Mal läuft Nils mit der Kamera nicht schnell genug mit, mal sind unsere Köpfe oder Füße abgeschnitten, mal fährt ein Radfahrer durchs Bild… Ich rechne schon mit mehr als 20 Versuchen, doch immerhin bleibt es bei 6 oder 7 Takes.
Zwischendurch geht es zum „Hauptquartier“. Tische, Wände und Türen sind voll mit Zetteln: Fotos von Schauspielern und Locations, Notizen, Texte, Ausdrucke des am Computer gezeichneten Storyboards, dazwischen Gummibärchen, Chili und leckere Kürbis-Ingwer-Orangensuppe von Katharina. Während der Rest kocht, isst und quatscht, schieben Nils und Michael am Computer bunte Kugeln und Bauklötze hin und her. Was das soll?! Na klar: Die Kugeln und Klötze stellen Menschen und Gegenstände dar und da wird am Computer simuliert, wie die Filmszenen nachher in etwa aussehen werden und wo die Kamera und die Lichtquellen stehen sollen.
Dann geht’s weiter zum nächsten Drehort: Wieder der Michaelishof, aber diesmal drinnen. Dort werden die Mädels und Jungs erstmal geschminkt, der Greenscreen und ein zu weites Kleid mit Wäscheklammern befestigt und in den Partykeller kommt Licht und eine Soundanlage. Dann Film ab: Wir tanzen, was das Zeug hält, während die Hauptdarsteller eine Flasche Sekt köpfen. Dazu laufen immer wieder dieselben Takte Technogewummer – und nach einer halben Stunde habe nicht nur ich einen fürchterlichen Ohrwurm.
Die Szenen an der Bar werden am Samstag in der Schuntille gedreht. Zumindest die Bilder – den Ton kann man vergessen, weil die ganze Zeit ein Kühlschrank im Hintergrund vor sich hin dröhnt, so dass letzten Endes alles neu vertont werden muss! Jedenfalls passiert da die Katastrophe: Irgendwer hat die Idee, das Ende noch spontan zu ändern – und schon ist die schöne Endszene futsch! Jetzt sieht man mich nur noch kurz in der Partyszene im Hintergrund. Auch gut! Dafür schreibe ich jetzt diesen Text!
Und mal ehrlich: Das neue Ende mit dem „Barkeeper from Hell“ ist doch einfach köstlich! Oder, was sagt ihr zu dem Film? Ist er ein Plädoyer gegen die Oberflächlichkeit dieser Welt, für besseres Bier, oder sagt er etwas ganz anderes aus?
Hier gibt’s noch einen witzigen Blick hinter die Kulissen:
Ich finde, der Film hätte es verdient gehabt, unter die besten Einsendungen gewählt zu werden – die Jury weiß wahre Kunst einfach nicht zu schätzen. Doch egal: Mitmachen ist alles, und allein der Spaß war es auf jeden Fall wert! Vielleicht fühlt sich ja der eine oder andere von euch inspiriert, nächstes Jahr auch mitzumachen – hinter oder vor der Kamera…