
Blinky Blinky Computerband startet Krautfanding
Eine LP für Olaf Krautwurst: Das ist die Erfüllung eines Traumes, den ich eigentlich selbst nie so richtig hatte: Es soll eine LP geben, auf der meine Stimme zu hören ist. Dafür werde ich gerne 42 Jahre alt, dass mir solche Sachen mal passieren. Olaf sei Dank – er will das nächste Album seines unkommerziellen Projektes mit dem sympathischen Namen Blinky Blinky Computerband nicht nur wie gehabt als Download, Stream und CDr unter die werte Hörerschaft bringen, sondern dieses Mal auch via Crowdfunding auf Vinyl.
Text: Matthias Bosenick | Fotos: BBCom
Das ist sein eigener alter Traum, und da ich seit einiger Zeit dem Projekt mit dem bei Google kinderleicht zu findenden Namen Blinky Blinky Computerband gelegentlich meine Stimme und Texte leihe, bin ich auch dieses Mal mit auf der Rille, sollte es denn klappen mit dem Vinyl. Die Finanzierungsphase bei Startnext ist jetzt angelaufen – in knapp drei Monaten sollen 2400 Euro zusammenkommen, und den Unterstützern bietet Olaf diverse Dankeschöns an, darunter selbstverständlich auch die LP. Ein Traum, also echt mal.
Wie lange ich Olaf kenne, kann ich nicht mit Bestimmtheit festlegen. Sicher ist, dass ich ihn – wie so ziemlich jeder Musiksammler in mindestens meinem Alter – seinerzeit in der Indie-Abteilung bei Salzmann in der Burgpassage kennenlernte. Meine Erfahrungen mit ihm teilten damals scharenweise Kunden: Ich kam mit einer Frage hin und ging mit drei für mich neuen Empfehlungen nach Hause, die überraschenderweise auch noch meinen Geschmack trafen. Seine Expertise nahm Olaf nach dem Salzmann-Aus in den Bültenweg zum Plattenladen Silverfile mit. Zeitgleich veranstaltete er unter diversen Titeln wie Einraum-Party oder Pitch Black elektronisch-gruftig ausgerichtete Tanzpartys im B58. Das war vor rund zehn Jahren, und zu dem Zeitpunkt ließ er mich gelegentlich an die CD-Laufwerke und brachte mir damit das Auflegen bei. Richtig gerechnet: Da war ich über 30, also rund zehn Jahre älter als die hippen Kiddies, die normalerweise mit dem Deejaying anfangen.
Ebenfalls zu der Zeit war ich erstmals Besucher eines Konzertes von Inside Agitator, Olafs damaligem musikalischen Hauptprojekt. Er hatte trotz offenkundigen Playbacks zwei Keyboarder auf der Bühne und performte seine EBM-Stücke zumindest stimmlich live. Positiv fiel mir auf, mit welchem Humor er eine Musik vor die Leute brachte, die andernorts mit einer Scheinseriosität verkauft wird, die mich wiederum eher abschreckt. Für diese Erkenntnis gab es einen Schlüsselmoment. Zwischen zwei Tracks fragte Olaf die Leute: „Wollt ihr eine Erfrischung?“ Die Tanzenden bejahten lautstark. Da griff Olaf in einen kleinen Karton am Bühnenrand und warf eine Handvoll Erfrischungstücher ins Publikum.
Nicht viel später stieg einer der beiden Keyboarder aus und Olaf bat mich, den Platz einzunehmen. Ich und Bühne? Uha. Doch Olaf fand überzeugende Argumente, darunter jenes, dass der Keyboarder ja gar nicht spielen muss, weil die Musik stets vom USB-Stick kommt und lediglich der Gesang live ist. So stellte ich mich dreimal neben den anderen Keyboarddummy Henning vom Synthiepopduo Synergy auf die Bühne, davon zweimal dann sogar – oh großer Mut – als Backgroundsänger. Man kann sich gar nicht vorstellen, was für einen Spaß wir da trieben. Einmal steckte uns Olaf in selbstverzierte Maleranzüge. Vor dem Gig machte Olaf Fotos von Henning und mir in diesem Outfit. Er nannte uns „Die Entarteten“, in Anlehnung an einen Track, den er aus einem Stimmsample seines Freundes Frank mit dem titelgebenden Inhalt gebastelt hatte, und fotografierte uns bei diversen Haushaltsaktivitäten. Ein spaßiger Vorgriff auf die Bühnenshow: Wir Entarteten erklommen aus dem Publikum heraus die Bühne, deren Übermaß an Nebel wir wie die Jediritter mit Taschenlampenlichtstrahlen zerschnitten. Dazu behauptete Franks dramatische Stimme kontinuierlich: „Die Entarteten greifen an.“
Ein anderes Mal sparte es sich Olaf, die ohnehin nicht angeschlossenen Keyboards auf der Bühne zu drapieren, und sprayte einfach zwei Styroporplatten schwarz an. Damit das nicht sofort auffiel, verzierte er die Dinger mit Malerfolie. Inmitten des Konzertes nun zertrümmerten Henning und ich unsere Scheininstrumente. Da flogen die Fetzen. Olaf hatte auch immer Agi-Gogo-Tänzer auf der Bühne, und die halfen dabei, die Styroporkügelchen flächendeckend im B58 zu verteilen. Ein drittes Mal holte sich Olaf für die Zugabe Verstärkung vom Schlagzeuger der inzwischen leider aufgelösten Vorband Feel Orange. Die Zugabe war eine Besonderheit, denn Olaf hatte bei einem früheren Konzert als Scherz aus dem „Mussolini“ von DAF den „Tortellini“ gemacht. Das wollten seitdem die Fans immer wieder hören. Also eignete sich der Schlagzeuger noch vor dem Gig schnell den Beat an. Die Bühne war voller Tänzer, die Meute ausgepowert, und dann kam der Pastakracher mit Live-Schlagzeug. Olaf beschwor die „Tortellini“ und die „Makkaroni“, das B58 schwitzte, und wer genau hinhörte, nahm wahr, dass das Schlagzeug schneller war als der im Soundrausch untergehende Backingtrack – und außerdem deutlich länger spielte. Warum auch aufhören.
Das tat Olaf dann gegen Ende der Nullerjahre doch. Vorläufig zumindest. Und rief 2012 das Projekt mit dem unverwechselbaren Namen Blinky Blinky Computerband ins Leben. Er setzte aus einem triftigen Grund die Arbeit an Inside Agitator nicht fort: Jenes alte Projekt war nämlich ein absolutes Solo-Ding, in das er sich nicht hineinreden ließ. An dem neuen Projekt mit dem drolligen Namen Blinky Blinky Computerband indes lässt er Gäste mitarbeiten. Und zu denen gehöre ich. Das ist nicht nur eine große Ehre, sondern ein großer Spaß und ergibt ein großes Maß an Zufriedenheit und Selbstverwirklichung. Meistens läuft es so, dass Olaf mir seine neuen Demos vorspielt. Bei mindestens einem davon spüre ich, dass mir dazu etwas einfällt. Ich bitte um Zettel und Stift, er stellt mir das Mikrofon bereit, wir nehmen auf, er mixt ab – und fertig. Dann drehen wir noch ein Musikvideo dazu. Meine stimmlichen Beiträge kann man nicht wirklich als Gesang bezeichnen, und weil dem so ist, ließ Olaf mich einmal sogar eine Geschichte schreiben und als eine Art Mini-Hörbuch vertonen. Noch ein erfüllter Traum. Während er nun also am nächsten Album arbeitete, erwuchs in Olaf die Idee von der Startnext-Kampagne, mit der das Werk auch als LP veröffentlicht werden könnte. Als weitere Gäste sind dieses Mal nicht nur Leif und Birgitta von der Band Perma-F aus Malmö dabei, sondern erstmals auch Arni, der dafür seine E-Gitarre entstaubte. Nach einem ersten Kennlernjam war uns allen klar: Arnis Gitarre passt perfekt zu Olafs Musik.
Die bezeichnet er übrigens als „Strange Electro Pop“, weil er sich gegen Schubladen wehrt. Seine Musik hat Anteile an EBM, Synthiepop, Ambient, Wave, Electro, Techno – eine konkrete Bezeichnung ist da gar nicht möglich. Das macht es so spannend, seine Alben zu hören, und noch spannender, an ihnen mitzuarbeiten. Tja, und nun ist die Finanzierungsphase für die LP gestartet. In knapp drei Monaten will Olaf 2400 Euro zusammengesammelt haben. Davon gehen 2000 Euro direkt in die Vinylproduktion, den Rest verwendet er für Porto und Verpackung, CDr-Brennen und weitere Aktivitäten. Die LP gibt es schon für 20 Euro, und wer eines der 25 Krönchen erwirbt, kann für 35 Euro unter anderem auch seinen Namen auf dem Cover wiederfinden.
Und selbst, wenn das mit der Finanzierung nicht klappt, wird das Album erscheinen, dann in den herkömmlichen Varianten. Die LP wäre natürlich der Oberkracher für uns alle, aber mindestens ich bin schon glücklich, auf diese Weise kreativ sein und mit anderen Kreativen Ideen austoben zu dürfen. Für mich ist das Projekt mit dem liebevollen Namen Blinky Blinky Computerband schon jetzt ein großes Geschenk.
Wenn ihr das Projekt unterstützen mögt, blinken euch tolle Dankeschöns, von der Nennung deines Namens als Basic Supporter, über eine Menge großzüger Geschenke für z.B. Blinky Deluxe Supporter, bishin zur Aufnahme deines eigenen Stimmbeitrags für die LP.
HIER bekommt ihr einen Überblick.