
Von Boards, Beats und Blade-Art
Zwischen bunten Brettern, wild gemixten Stoffmustern und angesagten Markennamen bemerke ich filigrane Zeichnungen hinter Glas, die im Boardjunkies-Shop mitten in der Shoppingmeile hängen. Ja, Kunst! Hier? Warum denn nicht! Seit dem 08.11. wird vor Ort Kunst von Ed-Franklin Gavua präsentiert, der in Afrika bereits weit bekannt ist. Doch nicht nur der Ort, sondern auch der Zweck dieser Ausstellung ist ungewöhnlich. So hat Gavua für das soziale Projekt Ankwa Roots e.V. aus eigener Initiative rund 70 Werke gespendet. Der Erlös aus dem Verkauf seiner „Blade-Art“-Bilder fließt in die notwendigen Baumaßnahmen der Osu Klotey Musik- und Tanzschule in Accra/Ghana. Ein Teil ist nun im entspanntesten Sportartikelladen der Braunschweiger Innenstadtmeile zu bewundern und zu erwerben.
Text: Stefanie Krause | Fotos: Jens Bartels/JayBe Photography
Kühle Galeriestimmung oder überkultivierte Benefizatmosphäre sucht man hier vergeblich – Hier geht Kunstgenuss und Spenden für einen guten Zweck mal ganz andere Wege! In dem Ladengeschäft für Skateboarderbedarf Boardjunkies machen sich die Zeichnungen von Ed-Franklin Gavua aus Ghana wirklich gut! Aber wie hat die Kunst ihren Weg hierher gefunden? „Alles kommt zusammen“, freut sich Claas Wichmann, als ich mit ihm auf der Vernissage der Ausstellung ins Gespräch komme. Seit 2007 setzt er sich mit vollem Einsatz für sein Projekt Ankwa Roots e.V. ein, welches die Osu Klotey Musik- und Tanzschule in Accra/Ghana unterstützt. „Der Künstler Gavua bietet dort regelmäßig Kunstworkshops für die Kinder und Jugendlichen an. Er selbst hatte dann die Idee mit den Ausstellungen in Braunschweig, um die Schule vor dem Einsturz zu retten“, erzählt mir Claas. Und so sprang Gavua kurzerhand mit dieser großzügigen Geste in das Hilfsprojekt mit ein. Kein Wunder, denn Ankwa Roots e.V. hat wirklich unterstützenswerte Ziele und lässt dabei vor allem die Kultur nicht außer Acht! Das Projekt möchte vor allem dazu beitragen, in den Armenvierteln der Hauptstadt die traditionelle Musik am Leben zu erhalten. Denn „die altüberlieferten Lieder und Tänze sind ein wichtiger Teil für die Identitätsentwicklung der
heranwachsenden Generation“, lese ich auf der Webseite. Der Verein sammelt Spenden und Claas Wichmann und sein Frau sind oft in Ghana vor Ort, um das Projekt voranzubringen. Mit Ed Gavuas Einsatz ist eine wunderbare Möglichkeit hinzugekommen, wie sie die Osu Klotey Musik- und Tanzschule finanziell unterstützen können. Der Erlös aus den gespendeten Bildern geht zu 100% in das Hilfsprojekt und jeder Käufer bekommt eine Spendenquittung zu jedem erworbenden Bild hinzu. Über die Hälfte der vielfätigen Exemplare der sogenannten „Blade-Art-Kunst“ sind bei früheren Ausstellungen an unterschiedlichen Orten in Braunschweig bereits verkauft worden, daher konnten die Baumaßnahmen an der Schule einen wichtigen Schritt nach vorne gebracht werden. Ich bin begeistert von dieser Aktion, denn sie bringt Kunst in einen Sinnzusammenhang, der mir seitdem ich auf Kult-Tour bin so noch nicht begegnet ist. In der Kombination mit einem Spendenaufruf für ein Entwicklungsland wird der an sich erstmal als Luxusartikel anzusehende Kunstgegenstand plötzlich in einen sehr sozialen Kontext eingebunden und bekommt über diesen Weg einen konkret nachvollziehbaren Sinn!
Aber ich möchte jetzt gar nicht so die Gutmensch-Keule schwingen, denn bei den Projekten Ankwa Roots e.V. geht es vor allem auch um den Spaß an der Sache. „Wir wollen Afrika fresh und ein bisschen verrückt rüberbringen“, heißt das dann mit Claas‘ Worten und das trifft irgendwie auch auf das Flair bei dieser Vernissage. DJ S.I.G legt moderne Beats und Weltmusik auf und in und vor dem Laden hängen viele Leute des Boardjunkie-Stammpublikums rum. Bei so einer tiefenentspannten Stimmung ist es auch nicht so arg schlimm, dass ich an diesem Samstag natürlich etwas verpeilt zu spät komme. Kein Problem! Die beiden Videos, die vorhin schon vorgeführt wurden, werden
einfach nochmal gestartet. Kleiner Knicks und Danke hierfür! Ich bekomme in einer kurzen, professionell gefilmten Doku den Künstler vorgestellt und kann dabei zusehen, wie seine „Blade-Art“ entsteht. Mit geschickten, minimalen Handbewegungen streicht Gavua mit einem geschliffenen Holzspatel Tusche auf das Papier, um dann anschließend mit einer Rasierklinge feinste Details, Gesichter und Szenerien in die schwarze Fläche einzuritzen. Auf einfache und beeindruckende Weise entstehen so Mikrowelten, die jede für sich eine märchenhafte Geschichte vom Leben im fernen Afrika erzählt. Bis in den Januar ist die Ausstellung sowie
ausgewählte Stücke des Braunschweiger Künstlers Gernot Baars bei Boardjunkies zu besichtigen!
Wer mehr über das Projekt Ankwa Roots e.V. und Claas Wichmanns Anfänge in Afrika wissen möchte, der sollte bei dem Film- und Infoabend an der HBK am 15.12. vorbeischauen. Claas Wichmann zeigt hier Filme zum Thema „Spiritual Music“ und bei „African Food“ und einem Drink an der Bar wird das Projekt Ankwa Roots e.V. noch einmal ausführlich vorgestellt.
Die Ausstellung wird bis in den Januar 2015 bei Boardjunkies zu sehen sein.