
Viel Nichts um Lärm. Warum das Aus für das K67?
Ein wichtiger Aspekt fehlt bislang bei der Berichterstattung über das Schallschutz-Aus des nun nicht mehr geplanten soziokulturellen Zentrums K67: Zwar hieß es, dass Anwohner vor dem Kultur-Lärm geschützt werden sollten – doch geht es dabei nicht um diejenigen, die schon in der Kreuzstraße wohnen. Von dieser Seite gibt es nämlich keinerlei Klagen.

Matthias Bosenick und Stefanie Krause während der Umfrage zum Thema auf dem DGB-Fest am ersten Mai (Bürgerpark).
Text: Matthias Bosenick | Fotos: Jens Bartels und Stefanie Krause.
Die Geräuschprophylaxe bezieht sich vielmehr auf Anwohner, die es noch gar nicht gibt. Denn in direkter Nachbarschaft zum K67 sollen die Baugebiete „Kälberwiese“ und „An der Schölke“ entstehen. Die Stadt gab nun das Schallschutzgutachten in Auftrag, dessen Auflagen für das K67 das Aus bedeuten (darunter: nur maximal 180 Gäste pro Veranstaltung, Schließung um 22 Uhr). Und das, obwohl die Baugebiete noch gar nicht beschlossen sind. Das Gutachten nimmt also Schutzmaßnahmen vorweg, die noch niemand verlangt (außer vielleicht der Baulobby, die um die Vermarktbarkeit ihrer rund 250 lediglich potentiellen Wohneinheiten bangt).

Auf dem DGB-Fest haben wir uns umgehört. Viele Bürger wollen ein neues Kulturzentrum. Daher schmerzt das Aus des K67 sehr. Der KufA e.V. infomiert über Sachlage und Alternativen.
Die tatsächlichen Anwohner der Kreuzstraße hingegen sehen die angeblichen Lärmpegel aus dem K67 offenbar als nicht störend an. Zumindest ist das der Eindruck, den wir als KufA-Verein und Silver Club machten. Zweimal öffnete der KufA-Verein als angedachter Betreiber das K67 für die Öffentlichkeit: einmal für einen Tag der offenen Tür im Dezember und einmal für den Silver Club im Januar. Besonders letzterer überraschte uns alle mit einem Gästeaufkommen in absolut unerwarteter Höhe. Trotzdem gab es nicht nur keine Klagen aus der Nachbarschaft (bis auf einmal, als jemand eine Hofausfahrt zuparkte, also nicht wegen Lärms), im Gegenteil. Viele der Silver-Club-Gäste kamen sogar aus den umliegenden Häusern. Und die KufA-Mitglieder, die in der Kreuzstraße wohnen, werden seitdem ständig von Nachbarn darauf angesprochen, wann das K67 denn nun endlich an den Start geht. Sie sind heiß darauf.
Irgendwo zwischen Verwaltung (die meisten Bereiche dort sind sogar für das K67, konnten sich aber gegen die Einschränkungen nicht durchsetzen) und Investoren gibt es jedoch eine Haltung gegen den Mix aus Wohnen und Kultur. Nach unserer Erfahrung geht diese Haltung aber an der Realität vorbei. Wir sehen im Gegenteil eine qualitative Aufwertung, wo es Kulturstätten in Wohngebieten gibt.

Auf dem DGB-Fest traten regionale Bands auf – ironischerweise vor dem Luxushotel, welches am ehemaligen Ort des FBZ entstanden ist. Doch wo sollen heutzutage Hallenkonzerte mit bis zu 1000 Besuchern stattfinden? Etwas wie das K67 fehlt!
Umgekehrt findet seit längerer Zeit schon eine ernüchternde qualitative Abwertung ganz Braunschweigs statt. Seit dem unsinnigen Aus der Freizeit- und Bildungszentrums (FBZ) im Jahr 2002, das einem Luxushotel weichen musste, steuern kleine bis mittelgroße Bands die Löwenstadt nicht mehr an, Braunschweig fehlt auf fast sämtlichen Tourneelisten. Einrichtungen, die diese Lücke zumindest zu einem Bruchteil schlossen, schlossen inzwischen ihrerseits: Jolly Joker, Hansa Kulturclub, Meier Music Hall. Uns bleiben nur noch das Nexus, das B58, die Brunsviga und diverse kleinere Locations, die immerhin Livemusik eine Bühne bieten. Und alle zwei Jahre findet das Festival Theaterformen statt, in dessen Begleitprogramm bestaunenswert hochkarätige alternative Musik am Gartenhaus Haeckel spielt. Orte wie die VW-Halle und die Stadthalle wiederum sind für den soziokulturellen Bedarf ihrer Größe wegen nicht geeignet.
Denn ganz abgesehen von der Live-Musik gibt es für Vereine, Institutionen, Spielegruppen, Workshops, Bandproben, Theaterensembles, Künstler, Kinder- und Jugendinitiativen und alle an sonstiger Gesellschaft Interessierten nicht ausreichend Raum in Braunschweig. Die bestehenden Angebote sind überbucht, das K67 hätte zumindest einigen Suchenden eine Heimstatt bieten können. Die Nachfrage war noch vor der angedachten Öffnung um ein Vielfaches höher als das, was das gar nicht so kleine K67 tatsächlich an Raum hätte bieten können.
Aber nein, all solches ist einer einzelnen Abteilung der Bauverwaltung zu laut. Eine Alternative schlägt sie nicht vor, sondern mosert nur über die Vorhaben. Auf diese Weise schafft man auch Wohnraum: Kunst-, Kultur- und Soziokulturinteressierte suchen sich dann in anderen Städten eine Bleibe, so sie dazu in der Lage sind.
Nicht nur fehlt von kommunaler Seite das soziokulturelle Raumangebot, die Kommune torpediert auch noch die privaten Aktivitäten. Auch mit der völlig überzogenen Versammlungsstättenverordnung, die beispielsweise keine temporären Genehmigungen mehr für Veranstaltungen über 199 Besuchern vorsieht, erstickt die Verwaltung sämtliche alternativen Ideen im Keim.
Von dieser Entwicklung sind auch die Bewohner der Kreuzstraße enttäuscht. Und zwar diejenigen, die es schon gibt.
Und noch so:
Infoveranstaltung von KufA e.V. zum Thema: 07.05., Brunsviga (K-Raum), 19 Uhr
Flugblatt mit Stellungnahme des KufA e.V.
Videoumfrage „Die Stimme des Volkes“