
Auf ein paar Flaniermetern viel Kunst und Musik
Am Freitag, den 30. August, findet in der Schlosspassage ein Sommerfest statt. Nein, das ist nicht IM Schloss, wir manche nun denken könnten. Es handelt sich hier um ein paar Flaniermeter, die Bohlweg und Münzstraße verbinden. Irgendwie wirkt die Schlosspassage wie die gesittete Parallelwelt zum Bohlweg: Slow Food statt Fast Food, Ruhe statt Lärm und nun auch KUNST statt Krempel…
Text und Foto: Stefanie Krause
Wie gut, dass ich ein paar Tage früher eine Abkürzung durch die Schlosspassage genommen habe, sonst hätte ich von den Plänen, dort ein kleines Sommerfest stattfinden zu lassen, erst gar nichts mitbekommen. Doch das flüchtig aufgeschnappte Gerücht hat sich schon kurz darauf bestätigt: Am Freitag, den 30. August, findet in der Schlosspassage ein Sommerfest statt. Nein, das ist nicht IM Schloss, wir manche nun denken könnten. Es handelt sich hier um ein paar Flaniermeter, die Bohlweg und Münzstraße verbinden. Irgendwie wirkt die Schlosspassage wie die gesittete Parallelwelt zum Bohlweg: Slow Food statt Fast Food, Ruhe statt Lärm und nun auch KUNST statt Krempel. Denn die „Galerie auf Zeit“ hat seit Kurzem hier ihre neuen „Räume für Kunst“ gefunden. Daher ist das Sommerfest gleichzeitig auch die Finissage von der dortigen Ausstellung „reflejos de oriente“ von Angela Kühner – ein Besuch bietet sich für mich also an. Vielleicht entpuppt sich das Sommerfest als kultureller Geheimtipp und die schüchterne Schwester vom Bohlweg zeigt sich mal von ihrer ausgelassenen Seite!
Mit diesem erwartungsvollen Gedanken mache ich mich bei warmen Temperaturen recht spät auf in die Braunschweiger Innenstadt. An der Haltestelle Schloss ausgestiegen, bekomme ich noch nichts davon mit, dass heute etwas anders ist. Die lautstarke Vorhut der freitäglichen Partyparade macht sich so langsam warm für die Clubs, die Schlossfassade erglänzt in goldenem Licht und Shoppingerschöpfte mit Bergen von Plastiktaschen erholen sich an einer der zahlreichen Dönerstationen und Franchise-Bars entlang der Straße. Also ein gewohntes Bild, welches sich am Bohlweg zeigt. Doch dieses mal muss man angeblich nur scharf in die Schlosspassage abbiegen und es soll sich eine ganz andere Kullisse bieten. Nach ein paar Schritten in den schmalen, graugepflasterten, von kalten Glasfassaden umschlossenen Weg befürchte ich schon fast, das Gerücht bestätigt sich doch nicht. Man hört und sieht nichts von einem ausgelassenen Sommerfest. Doch dann dringen zum Glück vielversprechende Klänge an mein Ohr. Die ziemlich gut getroffenen Töne der Jazz-Band Fossajar höre ich zuerst, dann noch ein paar Schritte und ich sehe die Festgesellschaft.
Also ein trubeliges Straßenfest ist das nicht, aber enttäuscht kann man von dieser Veranstaltung dennoch nicht sein. Es zentriert sich alles vor der Galerie auf Zeit, deren Licht die Passage in warmes Licht taucht. Im Inneren der Galerie gibt es abstrakte Kunst von der HBK-Absolventin Angela Kühner zu sehen. Im unteren Geschoss der Galerie präsentieren sich große Gemälde, die den vielen Interressierten von der Künstlerin höchstpersönlich erläutert werden. Eine Wendeltreppe führt nach oben in einen weiteren Raum mit zahlreichen Zeichnungen, die durch ihre ästhetische Schlichtheit bestechen. Extra für das Sommerfest hat Angela Kühner ihre Kunst die Grenzen der Galerieräume überschreiten lassen: Mit leuchtenden Farben hat sie eine große abstrakte Formation auf den steinernen Boden gemalt. Die Straßenmalerei gibt den Besuchern und den spielenden Musikern eine Art gemeinsamen Rahmen.
Alle haben sich rund um die vierköpfige Band eingefunden, die es absolut versteht, mit anspruchsvollem Jazz und einer Überfülle an Songs zu beeindrucken. Nach einer Weile fühle ich mich von der kulturell-urbanen Atmosphäre geradezu aufgefordert, anstatt meines herben Bieres ein Glas guten Rotwein zu trinken. Ein bisschen wild wird das Sommerest dann schließlich doch, als eine Gruppe Performancekünstler eine posierende Rockband mimen. Jetzt wird die Schlosspassage wirklich zur abstrakten Paralellwelt zum Bohlweg – von dort verirren sich ab und an ein paar Jugendliche und einige sind sichtlich erstaunt über die eingeschworene Kunstgesellschaft, die sich hier heute eingefunden hat. Manche stellen oder setzen sich sogar dazu und lassen die entspannte Stimmung auf sich wirken. Zum Schluss ist es eine bunte Truppe ganz unterschiedlicher Leute, die hier gemeinsam einen sehr schönen Abend verbringen konnte.
Mit diesem kleinen Ladengeschäft in der Schlosspassage hat die Galerie auf Zeit definitiv ein sehr geeigneten Raum für Kunst gefunden. Das Unternehmen versteht sich selbst als „kulturelle Wanderdüne“. Sie lässt sich in leerstehenden Räumen und Geschäften nieder, die dann von Künstlerinnen und Künstlern für ihre Ausstellungen genutzt werden können. Ohne den Druck kommerzieller oder institutioneller Vorgaben können sie hier ihre Arbeiten nach eigenen Vorstellungen präsentieren. Zudem gehören literarische, sowie musikalische Vorstellungen zum Konzept. Ab dem 07.09. werden Ulli Dietzmann und Freunde Malerie, Fotografie und Zeichnung zeigen.