
Malte Roesner im Porträt: Kult-Tour trifft auf Charisma
Malte Roesner – seit einigen Wochen schmückt sein Konterfei unsere Stadt. „Foto“ oder „Plakat“ wäre mir zu einfach, wäre dem Charisma des Künstlers nicht gerecht, welches der Theaterfotograf Volker Beinhorn exzellent einzufangen wusste. Anlass für die gelungene Kampagne ist der diesjährige Theaterball 2015 am 30.01. und 31.01. im Großen Haus des Staatstheaters unter dem Motto: „Ein Maskenball“.
Interview: Alkmini Laucke | Fotos: Jens Bartels/JayBe Photography
Selbst die aufgeschminkte dunkle Augenmaske vermag Roesner nicht zu entstellen, dringt sein Blick doch intensiv u.a. von der Theaterfassade und diversen Litfasssäulen zu uns durch.
Doch genug der Illusion: Kult-Tour trifft auf Bariton.
Da auch das in Braunschweigs Innenstadt alteingesessene Bekleidungshaus „Peek und Cloppenburg“ von dem außergewöhnlichen Portrait eingenommen schien und dieses unübersehbar im Schaufenster ausstellte, traf ich mich dort mit Malte Roesner. Sein Fahrrad schiebend, kam der hochgewachsene, schlanke Mann pünktlich auf mich und unseren Kult-Tour-Fotografen zu. Wir begannen mit Außenaufnahmen vor dem Fenster, was die Aufmerksamkeit vorbei ziehender Passanten durchaus auf sich zog. Da die Atmosphäre, auch Dank des Fotografen Jens Bartels, so entspannt war, entschlossen wir uns spontan, im Geschäft anzufragen, ob man uns den Zutritt auf die Dekorationsfläche zwischen Schaufensterpuppen und dem Konterfei Roesners gestatten würde.
Offen, erfreut und spontan von Geschäftsführung begrüßt
Gedacht, gefragt, getan. Nachdem wir offen, erfreut und höchst unbürokratisch von der Dekorateurin und der Geschäftsführung begrüßt wurden, ging die Fotostory weiter. Nun, für entsprechend gute Fotos wäre die kurzzeitige Entfernung der Scheibe vonnöten gewesen, welche die Scheinwerfer reflektierten – so weit wollten wir dann aber doch nicht gehen! Weiter ging es sodann mit Fotoausrüstung und Fahrrad ins Café Lit zum Interview.
Wer ist dieser Künstler?
Wer ist dieser charismatische Mann, ein Publikumsmagnet, ein grandioser Sänger und Darsteller, dabei so dezent, fast schüchtern wirkend? Wir finden den letzten freien Tisch vor und setzen unser auf der Fußgängerzone begonnenes Gespräch fort. Seit 10 Jahren im Ensemble des Staatstheaters Braunschweig, ist Roesner einer der dienstältesten Sänger an diesem Haus. Während seines Studiums noch engagierte man ihn 2005 für die Oper „Tosca“ auf dem Burgplatz. Danach traf man eine der klügsten Entscheidungen und verpflichtete ihn vom Fleck weg.
Roesner berichtet mir mit Wärme und Dankbarkeit auf die letzten 10 Jahre zurück blickend, dabei stetig den Respekt vor Kollegen, Regisseuren und Leitung glaubwürdig vermittelnd. Ob es zutreffe, dass er zum Ende der Spielzeit ausscheide, frage ich ihn schließlich ungläubig. Er bejaht mit dem Hinweis, dass 10 Jahre Festengagement sehr lang für einen Sänger seien. Ich verstehe immer noch nicht. Wie kann man diesen Sänger und begnadeten Darsteller gehen lassen? Ein warmes Lächeln, durchdringender Blick, na, ihr wisst schon: wie. „Es gibt Dinge, die liegen nicht in meiner Hand!“
Während ich ungläubig drein schauen muss, erzählt er, dass er gerne in Braunschweig lebte und sich wohl fühlte. Nun aber freue er sich auf ein Jahr gezielter Weiterentwicklung, welches er als freischaffender Sänger verbringen werde. Zunächst ziehe es ihn nach Wien, wo seine Schwester als HNO-Fachärztin und Phoniaterin tätig sei. „Wenn die Wiener erst mal wissen, wen sie dort haben, sehen wir ihn nicht wieder!“, denke ich laut. „Natürlich komme ich gerne wieder nach Braunschweig“, versichert er mir.
Als Fünfjähriger begann er aufgrund seines musikalischen Interesses mit dem Geigenspiel. Als Mitglied des Knabenchors Hannover machte er bereits als 12-jähriger Erfahrungen mit Oper und Konzerten. „Bühnenstaub klebt“, so merkt er trocken an, womit sein Berufswunsch mit 14 Jahren fest stand:
Er wollte Sänger werden. Opernsänger. Aus Passion, ohne Plan B. Die Zeit um den Stimmbruch herum schien ihn nicht sonderlich zu beunruhigen, er landete vom 1. Sopran in den 2. Bass.
Ist klar, da sind ja die Dinge, die nicht in seiner Hand liegen! Als Bariton füllte er mit seiner Stimme zumeist die noblen, ritterlichen Rollen aus. Zunehmend wurden aber auch die gebrochenen Charaktere mit ihm besetzt, was nicht nur auf Interesse, sondern auch auf positive Kritik in der Pressewelt stieß. Roesner selbst beschreibt die zerrissenen Charaktere als viel spannender, mache es doch einfach viel Spaß, in die Schattenseiten dieser Figuren einzutauchen, deren Anteile, ob wir wollen oder nicht, wenngleich zumeist und das zum Glück in minimaler Ausprägung, doch alle in uns tragen.
Roesner, der parallel auch Musikwissenschaften studierte, füllt seine Rollen nicht nur mit Stimme und bloßer Darstellung, sondern mit Neugier und Wissen um eben jene Charaktere aus.
Die Bühne sei laut Roesner ein idealer Ort, sich auszuprobieren. Er hat sichtbar Freude daran, sich auszuprobieren und an seine Grenzen gehen, womit er meine Frage nach Selbstzweifeln im Grunde schon beantwortet hat.Ob er bei seinem Beruf auch unter „normale Leute“ käme, frage ich ihn. „Sicher“, bejaht er. Durch die Arbeitszeiten, zumeist in den Abendstunden, ergäben sich jedoch mehr Freundschaften rund um sein Berufsfeld. Allerdings erfreute es ihn sehr, als sein Jugendfreund aus dem Knabenchor kürzlich mit der Familie nach Braunschweig zog, zu dem er über all die Jahre die Freundschaft pflegte.Abschließend frage ich ihn direkt: „Zehn Jahre Braunschweig. Keine Skandale, keine Entgleisungen, ausnahmslos begegnet man und frau einem ausgeglichenen, in sich ruhenden Malte Roesner – wie geht das?“
Herzhaftes Lachen erfüllt das Café.
Sein Leben lang betreibe er Kampfsport, sowie Fitness als auch Yoga zum Ausgleich. Sein Beruf sei seine Passion. So einfach ist das. Ich muss während des Schreibens dieses Berichts an ein Zitat von Karl Lagerfeld denken: „Wer gestresst ist, der macht etwas falsch. Den amüsiert seine Arbeit nicht.“ Als ich Roesner so gegenüber sitze, empfinde ich es als Privileg, dass sich mir dieser in seinem Verhalten so zurückhaltende Künstler doch so offen zeigen vermag. Ich frage mich, ob das Theater intensiv genug geschaut hat und lasse meine persönlichen Assoziierungen zu: „Wie denkst du über einen künstlerischen Ausflug mit der Jazzkantine oder Events wie Pop meets classic?“
„Dazu hätte ich total Lust!“
„Dazu hätte ich total Lust!“, bricht es spontan und begeistert aus ihm heraus. „Wir auch!“, sage ich und erlaube mir, für alle Bewunderer Roesners und die, die es werden wollen zu sprechen.
Zunächst ist er am 30.01. und 31.01.2015 auf dem Theaterball zu erleben. Kult-Tour Braunschweig wird dabei sein und euch berichten!