
Rainer von Vielen: „Nicht alles was man kann, muss man“
Rainer von Vielen – Eine Band deren Musikstil sich laut offizieller Pressemitteilung wie folgt definiert: „US-Westcoast-Bass, Gandhi-Rap, Kingston-Akkordeon, Alhambra-Gitarre, Kilimandscharo-Drums, Himalaya-Kehlkopfgesang – die Band nennt es Bastard-Pop“. Das klingt so interessant, dass ich mehr wissen wollte. Nachdem ich las, dass Sänger Rainer sogar mal Bandmitglied bei Anne Clark gewesen ist, nahm ich kurzerhand Kontakt mit Bandmanager und Gitarrist Mitsch Oko auf und bat um ein Interview. Meine Anfrage wurde prompt beantwortet – nun erwarte ich mit Spannung das Konzert. Am 04.12.2014 kommt die aus dem süddeutschen Kempten stammende Band ins Nexus.
Interview: Jens Bartels | Fotos: Rainer von Vielen Pressefotos
2003 habt ihr Rainer von Vielen als Band gegründet. Wie habt ihr euch als Band entwickelt?
Anfangs waren die Shows sehr vom Computer/Sampler geprägt – über die Jahre wurde der digitale Einfluss bei den LiveShows immer geringer. Wir sind auch immer wieder einmal mit unserem Akustik-Programm unterwegs, das komplett auf Computereinsatz verzichtet. Seit kurzem gibt es aber auch unser neues Elektro-Kommando Programm: Da geht’s in die andere Richtung und der Computer kommt extrem zum Einsatz. Grundsätzlich tanzen wir aber auf vielen Hochzeiten: selbstverwaltete Jugendhäuser vs. Staatstheater, Tatort-Produktion vs. Protestcamp, Promi-Veranstaltung vs. Attac-Soli-Konzert….alles dabei.
Zum Jahresbeginn erschien euer fünftes Album „ERDEN„. Erzählt doch mal etwas zum Inhalt, zu der Botschaft die ihr mit dem Album vermitteln möchtet!
Die Texte sprechen für sich selbst und gerne darf sich jeder seine persönliche Meinung bilden. Ein Zitat aus dem Album gefällt mir besonders: „Nicht alles was man kann, muss man.“
Warum hat das Album auch Missverständnisse, bzw. Probleme ausgelöst, wie z.B. das Auftrittsverbot der katholischen Kirche?
Manche hat das Lied ‚Großer Bla‘ gestört – es ist im Rahmen unseres Theaterstückes MYTHEN DER FREIHEIT am Schauspiel Hannover entstanden & nicht primär gegen eine Glaubensrichtung gerichtet…
Ihr seid UNSL-Botschafter. Was bedeutet UNSL? Wie sieht eure Tätigkeit genau aus und seit wann macht ihr das schon?
Die United Nation of Sound Lovers ist als Verein ein loser Zusammenschluss von Musikern, die in der Tradition von Brecht Kultur als Vergnügen, die Welt zu verändern, begreifen. Neulich waren wir in Russland & haben im Gegensatz zu unseren Großvätern keine Kanonen mitgebracht, sondern Gitarren – das kam gut an.
Auf eurem Blog Mythen der Freiheit, liest man „Wir schaffen die Freiheit ab“. Wie ist das gemeint?
Wir haben in dem Theaterstück Mythen der Freiheit ein Plan zur Rettung der Menschheit erarbeitet – Planet und Menschen sind darin nur durch die strikte Befolgung dieser Regeln zu retten… Zentraler Punkt ist auch: Sind wir wirklich frei? Oder ist unser demokratisches Wahlrecht nicht bloß das eines Veganers im Steakhaus?
Spielt das Nexus als Veranstaltungsort aus politischer Sicht eine Rolle für euch?
Das Nexus ist ein toller Platz – Wir waren schon ca. sechs mal hier & freuen uns auch sehr auf dieses mal. Selbstverwaltete Häuser wie das Nexus haben einen eigenen Charme, den wir von RvV schätzen – Toll ist auch, dass man dort sicher keine Nazis trifft.
Wir haben in Braunschweig aktuell die Problematik, dass es an Konzertveranstaltungsorten mangelt und die alternative Musikszene immer mehr verdrängt wird. Wie ist eure Erfahrung aus anderen Städten?
Konzerte sind laut, machen Dreck und sind schwierig zu planen. Nichtsdestotrotz machen Konzerte sehr viel Spaß und sind auch wichtig als Orientierung, Ventil & Ausdruck der Jugend. Deshalb lohnt sich der Aufwand & die Energie, solche Veranstaltungen durchzuführen – es ist nicht einfach – aber es lohnt sich! Das ist in allen Städten gleich.
Ihr spielt nicht zum ersten Mal in Braunschweig. Welche Erfahrung habt ihr bei euren Auftritten gemacht?
Sehr gute! Unser Freund Arne organisiert unsere Konzerte immer & unser Freund Elmar mischt uns ab. Über die Jahre sind wir immer enger geworden und wie aus erstem Satz entnehmbar: Freunde geworden. Die Leute auf den Konzerten gehen auch schön nach vorne & ich bin mir sicher: Es wird wieder sehr heiß werden.
Ihr habt u.a mit Anne Clark gespielt! Ich bin ein großer Fan. Wie kam das zustande?
2006 haben wir uns BackstageKarten vom StrangeNoise Festival in Trossingen gefälscht und uns reingeschlichen. Zwischen Skunk Anansie und den Fantastischen Vier haben wir dann Anne zufällig kennengelernt. Wir waren bis 2009 bei ihrem Tourzirkus dabei – dann wurde der Aufwand für Rainer von Vielen zuviel und wir mussten uns fokussieren. Wir sind immer noch Freunde und von Zeit zu Zeit läuft man sich über den Weg. Ansonsten trifft man andere Musiker vor allem auf Festivals – hat aber meistens keine Zeit wegen Soundcheck, Terminen & Auftritt…
Was waren eure persönlichen Highlights aus der Bandkarriere?
Das größte Highlight: Von unserer Musik leben zu können!
Aktuelle Bandbesetzung:
Gesang und Akkordeon: Rainer von Vielen
Gitarre: Mitsch Oko
Schlagzeug: Sebastian Schwab
Bass: Dan le Tard
Das Konzert von Rainer von Vielen in Braunschweig:
Ort: Nexus, Frankfurter Straße 253, 38122 Braunschweig
Zeit: 04.12.2014 | 20.00 Uhr
Eintritt: 6 Euro