
Braunschweigs Subkultur ist im Takt
Die unabhängige Kulturveranstaltungsreihe Silver Club hat nach dem 5-Jährigen Jubiläum vor einigen Monaten erneut ein ganzes Heer partywütiger Kultur-, Kunst- und Musikfreunde aus Braunschweig und Umgebung magisch angezogen. Nur die offizielle Presse und die Vertreter der inzwischen wie die Pilze aus dem Boden wachsenden Szenewebseiten und Kulturblogs musste man suchen. Schade! Dabei hätte der Silver Club mit der am Samstag, den 27.09.2014, stattgefundenen „Aftersummer Kulturnacht“ in der Tat ein Blitzlichtgewitter verdient, welches den Sand von der unverputzten, rohen Steindecke des Gewölbekellers im Rebenpark hätte herunterrieseln lassen müssen. Denn ein so umfangreiches Kultur- und Partyprogramm an einem derart ungewöhnlichen Veranstaltungsort bekommt man wahrlich nicht alle Tage geboten! Weder in Braunschweig, noch in Berlin, noch sonst irgendwo!
Text: Stefanie Krause | Fotos: Jens Bartels/JayBe Photography
Allein schon die Räumlichkeiten wurden in tagelang andauernder Aufbauarbeit des ehrenamtlichen Veranstaltungsteams mit Lichttechnik derart gekonnt in Szene gesetzt, dass die Phrase „Fest der Sinne“ kaum mehr als Beschreibung hinreicht. Die Atmosphäre: überwältigend – Schon beim ersten Schritt, den ich in den ehemaligen Eiskeller auf dem Gelände des Rebenparks tue. Fast vergesse ich darum mein Lampenfieber, welches mir mal wieder im Magen rumort. Inzwischen kann es für mich einen Silver Club ohne vorheriges Lampenfieber eigentlich kaum mehr geben, denn hier bündeln sich die Kulturprojekte jedes Mal zu einem so dichten Netzwerk, das man einfach dabei sein muss.
Eigentlich findet immer etwas statt, womit auch ich mit Kult-Tour Braunschweig involviert bin. Und nicht nur für mich ist die Welt des Silver Club unwiderstehlich. Zu Hunderten hat das Kulturvolk auch dieses Mal wieder ihren Weg zum Silver Club gefunden und bevölkert den Innen- und Außenbereich. Drinnen wie draußen wird es heute wieder vielfältig bunt, subkulturell spannend und absolut beeindruckend. Was steht davon also für mich auf dem Programm? Hierbei handelt es sich eigentlich nur um ein recht kleines Zwischenspiel der heutigen Kulturnacht, aber ich bin trotzdem aufgeregt. Geplant ‚kurz‘ stellen Torsten ‚Toddn‘ Kandziora und meine Wenigkeit den ersten Alternativen Kulturpreis für Braunschweig vor. Und obwohl das bisher noch eine Initiative ist, die in den Kinderschuhen steckt, fühle ich mich auf der Bühne des Silver Club wie ein kleiner Star.
Das liegt nicht unbedingt an mir, dafür um so mehr an der Atmosphäre: Vor mir sitzen und stehen dicht gedrängt an die 200 Leute, die Bühne ist professionell ausgeleuchtet, der Ton kommt klar aus den großen Lautsprechern und hinter mir zaubert die typische Wohnzimmerbühneneinrichtung mühelos eine heimelige Stimmung in diesen gigantischen Steinkeller mit meterhohen Decken. Ja, in der Tat: Ich fühle mich wohl. Obwohl mein Knie ein wenig zittert. Meine Stimme zum Glück nicht, also stelle ich dem Publikum gemeinsam mit Toddn die Idee und die Jury des Alternativen Kulturpreises vor und hoffe, dass wir damit bei den vielen Gästen ein wenig Neugier wecken. Mehr dazu in Kürze, wenn die sechsköpfige Jury (Toddn Kandziora, Matthias Bosenick, Astrid Brandt, Markus Wiener, Sara Klemens, Stefanie Krause) die Kandidaten auf Kult-Tour Braunschweig und vielen anderen Kanälen bekannt geben wird.
Doch jetzt geht es erstmal um die Stars des heutigen Silver Club. Ich staune über die Ruhe und Professionalität von Holger Reichard und Karsten Weyershausen, die aus ihrem neuen Buch „Kerle im Klimakterium“ absolut souverän und unterhaltsam vortragen. Die Bühnepräsenz der beiden ist cool und ihre (selbst-)ironischen Geschichten über den „Mann im mittleren“ – nein, im besten! – Alter kommen gut an. Leider muss ich bald schon wieder los. Ein Fotoauftrag für die Worldbeatparty im Kulturpunkt West ist mir in den Abend geprescht und so fliege ich, natürlich wieder etwas zu spät, gegen 22.30 Uhr durch die im Regenbogenfarbenlicht lebendig changierenden Gänge des Kellers nach draußen, viel zu schnell an den Ausstellungsstücken des Künstlers Denis Stuart Rose vorbei. Dieser Künstler hat mich bereits in der einRaum-Galerie schwer beeindruckt. Im Hinauseilen werfe ich noch fix einen Blick auf die Skulpturen und bemerke, wie mir ein metallisch-schwarzer Kapuzentod von Rose mit seiner Sense hinterher winkt!
Gruselig-schön, dafür muss ich mir später noch unbedingt einen Moment der intensiven Betrachtung aufsparen!
Dieses „später“ wurde natürlich zu einem „ganz schön viel später“, denn die Barfußtanzorgie der achtsamen und überaus freundlichen Gesellschaft im TanzRAUM der Wolrdbeatparty hat es mir auch irgendwie angetan. Da ihr ja alle auf der Silver Club wart (oder?), könnt ihr gerne die Fotos von Jens Bartels und mir auf den Webseiten der beliebten Tanzpartyreihe demnächst anschauen. Hier ist es auch wirklich schön und wir hatten Spaß dabei, ein paar stimungsvolle Momentaufnahmen einzufangen. Die Laune ist also auch nach dieser kleinen Weltreise vom Rebenpark in den Kulturpunkt West (wo der Silver Club übrigens auch schon eine legendäre Swing-/IndieSound Kulturnacht gefeiert hat) immer noch ausgezeichnet. Doch solche Kult-Touren machen hungrig! Um ungefähr 2 Uhr nachts komme ich mit einem klaffenden Loch im Magen zum zweiten Mal auf dem Festivalgelände an und muss feststellen, dass die Partystimmung in den letzten drei Stunden wohl etwas zu gut gewesen sein muss: Sowohl der vegane Döner als auch das vegane Chili ist aus, der Gin ist an der Extratheke im Freiluftbereich leergetrunken und Bier gibt es zu diesem Moment auch nur noch an der Theke im Keller. Verdammt! Die süßen Leckereien vom Café Colibri werden mir zwar von Kult-Tour-Redaktionsmitglied Manuela mit glänzenden Augen schmackhaft gemacht, aber nach Nachtisch ist mir jetzt noch nicht. Ich bin noch beim Hauptgang!
Ganz zum Schreck unserer Veganerfreunde muss ich daher nach dem letzten, zwar leckeren, aber doch für meinen Appetit zu sparsamen veganen Mettbrötchen auf die Gastfreundschaft des KufA e.V. zurückgreifen, die zu meiner Erleichterung einen anständigen Vorrat an Bratwürstchen eingepackt haben. Hier am KufA-Stand herrscht wie immer herzliche Stimmung und ich lasse mir von den vielen Freunden, die ich hier treffe, begeistert von den Auftritten der Band Audiohead, der musikalischen Feuershow von Fire and Drums und der Tanzaufführung von Siempre Tango Braunschweig berichten.
Eine warme Mahlzeit, einige bunte Geschichten und ein paar wichtige Informationen über die offenbar positiven Entwicklungen bezüglich der geplanten Eröffnung eines sozikulturellen Kulturzentrums in Braunschweig später, kehrt die Energie zurück und damit die Lust zu tanzen. Das passt jetzt richtig gut: Das bewähret DJ-Duo von der Indie-Ü30-Party ist nach dem Auftitt von DJ-Soundschwester (leider auch verpasst!) gerade an den Turntables zu Gange und bringt alle mächtig in Bewegung! Unter der Diskokugel an der Decke wühlt sich die tanzende Meute durch die Alternativen Klänge von den 70ern bis heute und es herrscht eine Stimmung, die man sich auf einer abgefahrenen Undergroundparty in den spaßberüchtigsten Großstädten nicht besser vorstellen kann. „Das ist ja wie in Berlin hier. Der Hammer!“, ruft mir ein völlig perplexer Besucher zu, dessen Anwesenheit beweist: Zum Silver Club kommen bestimmt nicht nur Leute ab 30. Tja, alle sind sie mal wieder gekommen. So kann Teammitglied Helge Böhme am nächsten Tag mit Recht bei diversen sozialen Netzwerken posten: „Der Silver Club ruft und die Leute kommen.“ So ist es und so wird es auch hoffentlich noch lange bleiben!
Ihr möchtet mehr darüber wissen oder den Silver Club mit ehrenamtlicher Arbeit unterstützen? Hier ein Video zu Konzept und Idee, das ich mit Mikrofilm Videoproduktion erstellt habe und welches auf dieser Silver Club erstmals vorgeführt wurde.
[…] beiden Blogs kulturblog38.net und http://www.derstadtblog.de haben Nachberichte zu unserer Veranstaltung ”AfterSummer Independent KulturNacht” vom […]