
Vera Sebert: Panorama Panik Botanik
Wie verschränken sich Natur und Kunst? Das Sinnliche verbindet! In ihrer Ausstellung „Panorama Panik Botanik“ übersetzt die Künstlerin Vera Sebert Eindrücke aus der Pflanzenwelt in eine eigene künstlerische Sprache. Die HBK-Studentin hat das Torhaus am Botanischen Garten für ihre Diplompräsentation auserwählt und stellt in diesem Rahmen experimentelle Videoarbeiten, Collagen und Installationen aus, die die Sinne auf eine ganz besondere Weise berühren. „Ich wünsche mir aktive Betrachter. Also, Besucher, die auf ihre eigenen fünf Sinne vertrauen und die Dinge, die sie wahrnehmen auf sich wirken lassen.“ Dieser Wunsch von Vera Sebert wird bestimmt in Erfüllung gehen. Ich durfte mir bereits einen Eindruck verschaffen und freue mich daher sehr auf die heutige Vernissage! Im Gespräch hat mir Vera vorab einige Hintergründe zu Konzept und Idee verraten.
Interview: Stefanie Krause | Fotos: Jens Bartels/JayBe Photography
Stefanie Krause: Worauf beruht das Konzept der Ausstellung und welche Werke sind in diesem Rahmen in den einzelnen Räumen des Torhauses am Botanischen Garten zu sehen?
Vera Sebert: Ich habe für die Ausstellung einige Arbeiten erstellt, mit denen ich auf den Ort reagiere. Es wird unter anderem ein 10-minütiger Experimentalfilm zu sehen sein, der den gleichen Titel trägt wie die Ausstellung. Außerdem wird das Künstlerbuch „Motte Quitte Quintessenz“ präsentiert, in dem ich experimentell das Wechselverhältnis zwischen Schrift und Bild untersuche. Das Buch bezieht sich nicht direkt auf den Botanischen Garten. Ich habe ca. seit 2 Jahren daran gearbeitet und die Idee bestand schon weit früher als der Plan, eine Ausstellung am Botanischen Garten zu machen. Da es erst kürzlich erschienen ist und es sich gut in die Ausstellung integrieren lässt, lag es nahe, diese Plattform für eine erstmalige öffentliche Präsentation zu nutzen. Die übrigen Arbeiten sind Collagenreliefs und eine Installation. Diese fungieren für mich wie ein Link zwischen Buch und Film.
SK: Wie spiegelt sich das Prinzip der Collage in den Werken und in deiner Arbeitsweise allgemein?
VS: Ich begreife Collage als eine Art Verkettung oder Verflechtung von Analogien – betrachtet man sie durch die Brille der Rationalität und Zweckgebundenheit, mag sie zunächst völlig absurd wirken. Das ist sie aber nicht zwingend. Eine Collage hat ihre eigene Logik. Das Prinzip der Collage ist grundlegend für meine Arbeitsweise. Gewissermaßen betrachte ich auch die Ausstellung als Collage, in der ich verschiede Arbeiten zu einem Ensemble zusammenfüge. Eine gute Collage wirkt auf den ersten Blick einheitlich. Erst auf den zweiten Blick kann man erkennen, dass sie aus Einzelteilen zusammengesetzt ist.
SK: Welche konkrete Verbindung besteht zwischen dem Ort und dem Konzept deiner Ausstellung? Spielt das (vermeintlich) paradoxe Verhältnis zwischen Kunst und Natur hierbei eine Rolle?
VS: Ich betrachte Natur und Kunst nicht als Gegensätze. Bzw. habe ich nicht das Gefühl, dass sich ‚natürlich‘ und ‚künstlich‘ paradox gegenüberstehen. Sie ergänzen sich doch ganz gut. Ohne das Künstliche könnten wir das Natürliche gar nicht erschließen. Mich interessieren in diesem Zusammenhang Wahrnehmungssysteme, die der Mensch entwickelt, um sich in seiner Umwelt orientieren zu können. Anhand des Botanischen Gartens kann man das ganz gut veranschaulichen. Pflanzen werden dort gruppiert und sortiert und mit Namen und Titeln versehen. Diese Ordnung haben sich nicht die Pflanzen ausgedacht. In meiner Arbeit versuche ich, diese Ordnung bewusst zu unterwandern. Sie ist vor allem von unmittelbaren Sinneseindrücken inspiriert, die ich mit der Pflanzenwelt in Verbindung gebracht habe. Durch Neukombination der gesammelten Eindrücke und die Wiedergabe über künstlerische Medien ist es möglich, ein Stück Gemüse wie einen Alien betrachten zu können. Die Gegenüberstellung mit dem wissenschaftlichen Pflanzenarchiv vor Ort macht es für mich besonders spannend.
SK: Was bedeutet der Aspekt der Sinnlichkeit in deiner Kunst?
VS: Sinnlichkeit ist mir insofern wichtig, als dass sie immer unmittelbar wahrgenommen wird. Es bedarf keines Vorwissens, um etwas Sinnliches zu erschließen. Ein ansprechender sinnlicher Reiz kann Zugang zu einer abstrakteren Ebene verschaffen. Dementsprechend ist es mir wichtig, dass Kunst zunächst unmittelbar und sinnlich auftritt. In meinen Collagen kombiniere ich konträre Materialien. Ihre haptischen Eigenschaften werden dadurch betont und aufgeladen. Erfahrungen aus der alltäglichen Wahrnehmung (Geruchs-/ Tastsinn) werden beim bloßen Betrachten abgerufen und ergänzen die visuellen Eindrücke. Im Film kann ich zudem die Akustik mit einbeziehen.
SK: Warum hast du dich entschieden, deine Diplompräsentation als HBK-externe Ausstellung zu konzeptionieren?
VS: Ich finde es wichtig, mich als Künstler im Kontext zur Gesellschaft zu sehen und mit meinen Arbeiten in einen offenen Dialog zu treten. Die Kommunikationsmöglichkeiten innerhalb der Hochschule haben ganz klar ihre Grenzen. Daher ist eine Präsentation außerhalb die logische Konsequenz für mich.
SK: Liebe Vera Sebert, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch!
- PANORAMA PANIK BOTANIK
- Ausstellung zum Abschluss des Studiums
- Torhaus am Botanischen Garten
- 12.07. – 10.08.2014 | Mi – So 14 – 19 Uhr | Do 14 – 20 Uhr