
Der Schlüssel zum Raum
Konkrete und mystische Räume tun sich auf, blicke ich in die Gemälde der Künstlerin Tanja Hehmann. „Ich bin immer da, wo ich nicht bin“ lautet das Motto ihrer aktuellen Ausstellung in der Galerie Hugo 45 und ihre Kunst und dieser Titel berührt mich ganz persönlich. Das trifft auch an diesem Tag zu, als ich die Galerie von Hans-Joachim Helweg besuche, denn folgende Fragen stelle ich mir immer wieder: „Bin ich wirklich immer da, wo ich bin? Sind andere wirklich dort, wo sie vorgeben zu sein?“ Die Verbindung mit „Räumen“, sind es konkrete Orte von Kulturveranstaltungen, Kunstwerke oder im übertragenen Sinne auch Menschen, gestaltet sich oft genug als gar nicht einfach. Doch hier in heimeliger Atmosphäre kann ich Kontakt aufnehmen.
Text und Fotos: Stefanie Krause
Ich spüre in Anbetracht der Kunst von Tanja Hehmann diesen magischen Zwiespalt zwischen Ort und Nicht-Ort, zwischen Anwesenheit und Abwesenheit, zwischen Offenheit und Abgeschlossenheit, der das Leben und die Menschen doch ganz grundsätzlich prägt. Manche Türen bleiben für immer verschlossen, manche schlagen bei einem scharfen Windzug zu, doch immer öffnen sich neue Türen, nachdem sich andere geschlossen haben. Manchmal ist man körperlich doch nicht gefühlt anwesend. Manchmal ergeben sich Verbindungen von Räumen, während zwischen anderen hohe Mauern den Weg versperren. „Was ist ein Raum und wie kann ich diesen betreten?“, scheinen Tanja Hehmanns Bilder zu fragen. Die Antwort ist nicht immer ganz eindeutig. „In Tanja Hehmanns Arbeiten geht es um verschiedene Sehnsuchtsorte, Räume von ideeller Zuschreibung. Mal sind diese ganz konkret, wie die Industrieensembles der vorletzten Jahrhundertwende, deren Motive als Ausgangspunkt für Malerei und Collage dienen. Die Leere der ungenutzten Räume dient der Künstlerin als Projektionsfläche für neue, auch surreale Zuschreibungen.“ (Hugo45)
Durch geschicktes Spiel mit den Perspektiven verleiht die Künstlerin aus Hamburg ihren Bildern räumliche Tiefe. Ein Sog geht aus von diesen anmutigen Welten voll geheimnisvoller Utopie und ich werde von der zweidimensionalen Ebene verschluckt ins Innere der Kunst. Bin ich hier? Oder bin ich dort? In meditativen, fast religiös anmutenden Blautönen stülpen sich die Bilder auch in gegengesetzter Richtung hervor – nach Außen in den realen Raum der Galerie. Durchwirkt von warmen Gelb- und Rottönen beginnen sie zu strahlen! Es ist für mich immer wieder erstaunlich und berührend, wie Kunst eine transzendentale Verbindung zwischen einer fiktiven Welt mit dem tätsachlichen Raum erschaffen kann. Tanja Hehmanns gelingt dies auf ganz sachte und sehr anziehende Art. Dabei bleiben ihre Bilder auf gewisse Weise flüchtig und abstrakt. Ihre Motive sind oft von beeindruckender Dynamik und von explodierenden Farbexperimenten geprägt, kommunizieren mit dem Betrachter jedoch auf der Ebene einer sensiblen Zurückhaltung. Sie geben Raum für eigene Gefühle und erhalten sich gleichzeitig ihren Status innerhalb selbstbewusster Präsenz. Für mich repräsentieren Tanja Hehmanns Werke, die ich in sorgfältiger sowie durchdachter Anordnung in den Räumen der Galerie Hugo45 bewundern kann, einen Wunsch nach vorsichtiger und respektvoller Verbindung zwischen den Elementen, zwischen den Räumen, zwischen den Welten, zwischen den Menschen – und eine Sehnsucht nach Akzeptanz und respektvollen Umgang mit dem anderen Element, der anderen Welt, dem anderen Menschen. Kein Raum sollte einsam sein, egal wie sehr er sich von anderen unterscheidet. Keine Tür sollte vollständig und auf immer verschlossen sein. Doch über den Schlüssel verfügt jeder für sich allein.
Vom 20. Juni bis 19. Juli 2014 präsentiert die Galerie in der Hugo-Luther-Straße 45 Werke der Hamburger Künstlerin Tanja Hehmann (*1974). Die Ausstellung „ICH BIN IMMER DA, WO ICH NICHT BIN.“ zeigt Malerei, Collagen, Zeichnungen und Objekte.