
Horst Klein dirigierte das Staatsorchester Braunschweig

Am 19. Juni war die Hauptprobe für das Abschiedskonzert, dem 10. Sinfoniekonzert von Generalmusikdirektor Alexander Joel am 22. und 23. Juni, in meinem Kalender terminiert. Nicht als Redakteurin für Kult-Tour, nein, weit gefehlt! Meine Liebe zur Kultur und hier insbesondere zur Musik geht so tief, dass ich seit 10 Jahren als Sängerin im hiesigen Extra-Chor tätig bin.
Text: Alkmini Laucke | Foto: Volker Beinhorn
Mit den Jahren durfte ich viel lernen. So habe ich zum Beispiel gelernt, genau hin zu hören oder gar Töne zu visualisieren – nein, unseren Namen tanzen wir dabei nicht! Die Stimmung war bei dieser Probe, wie zumeist, sehr fröhlich und erfreut über ein weiteres Projekt, welches in den Endproben Form annahm. Da saßen wir nun, nachdem „alle Jahre wieder“ immer dieselbe Verwirrung ob der Platzfindung der Chöre mehr oder weniger fröhlich zelebriert wurde.
Zum Probenbeginn ergriff, das war wiederum selten, Orchesterdirektor Martin Weller das Wort: Ob wir so freundlich wären, uns vor der Probe in den Zuschauerraum zu begeben und …im allgemeinem Gemurmel verstand ich nur noch: „kräftig zu applaudieren“. Herrje, für die Kunst taten wir schon einiges – warum denn nicht!?
Was er dem Orchester noch sagte, verschluckte die sonst leere Stadthalle. Dann, an uns Zuschauer gerichtet, erklärte er uns: Horst Klein, ein seit 1972 treuer Abonnent des Staatstheaters Braunschweig, habe im Oktober seinen 80-ten Geburtstag gefeiert.
Zu diesem Anlass wandte sich seine Tochter Astrid Kumpe an Martin Weller. Ihr Vater träumte schon so lange davon, einmal das Staatsorchester Braunschweig dirigieren zu dürfen – ob das Staatstheater ihm diesen Wunsch erfüllen könne. Weller überbrachte nach drei Tagen die Zusage.
Am 19. Juni wurde dieses umgesetzt. Klein – der sich seit seiner Pensionierung noch intensiver mit klassischen Konzerten und Recherchen rund um sein Idol Wilhelm Furtwängler widmete – betrat die Bühne. Festen Schrittes und mit ernster Miene ging er auf das Dirigentenpult zu.
Leises Staunen im Zuschauerraum. Dann begann er sein Dirigat: die Jupiter-Sinfonie von Mozart. Ohne Notenblätter, dafür mit Ausdruck und Dynamik! So überraschte er die Zuschauer und der Eindruck verwandelte sich in einen Ausdruck von offenen Mündern, bis hin zu leise gemurmelten Rührungsgeständnissen von unterdrückten Tränen. Was für ein Geschenk haben ihm seine Angehörigen initiiert!
Ehefrau und Tochter trugen seine Affinität zur Musik stetig mit und belegten damit ihre Aufmerksamkeit gegenüber dem Mann und Vater .
Was jedoch im Alltag und der Professionalität zu oft unter geht ist die Menschlichkeit der Verantwortlichen des Staatstheaters, mit der diesem Mann begegnet wurde. Das Verbindende zwischen allen Beteiligten, nämlich die Liebe zur Musik, wurde durch diese Geste fühlbar. Ein ganzes Staatsorchester lächelte während des Spiels. Die Freude war greifbar und wurde geteilt. Ehrlicher, begeisteter Applaus am Ende des Stücks.
Gleichfalls honorierten Generalmusikdirektor Alexander Joel sowie Chordirektor Georg Menskes und dessen Assistentin Johanna Motter am Ende des Dirigats, welches Joel mit den Worten: „Ein Naturtalent“, kommentiert haben soll, das Stück mit stehendem Applaus und Gratulation. Zum Schluss ging seine Ehefrau durch die Reihe, zu uns gewandt, mit den Worten: „Danke, dass Sie hierbei mitgemacht haben!“ Danke, Frau Klein, dass Sie uns mitgenommen haben.