
Den Montag zum Webmontag machen!
Es gibt so typische Montage. Ich habe verschlafen und von der letzten Woche ist ein Berg Arbeit liegen gelieben. Den könnte ich jetzt natürlich erklimmen und den Abend vor dem Schreibtisch verbringen. Stattdessen verwickele ich mich in einem Spontanchat mit Christian Cordes und ganz plötzlich sind wir von einem Thema zum nächsten Thema – beim „Webmontag“ angekommen. Kurzerhand – und ganz gewagt im Zeitalter des Web 2.0 – wird telefoniert, denn da will ich mehr wissen. Dass der Webmontag gar nicht so virtuell und technisch ausgerichtet ist, sondern ganz eng mit dem Leben und der Gründerszene der Region verbunden ist, kann mir Christian überzeugend darstellen. Und Pizza gibt es auch! Wenn das mal keine absoluten Pro-Argumente sind! …
Text: Stefanie Krause | Foto: Christian Dieckhoff
Ich überlege also nicht lange, lasse den Anrufbeantworter weiter vor sich hin blinken und das Zettelgebirge auf meinem Schreibtisch vorübergehend unerforschtes Land bleiben – in der Hoffnung, dass sich hier keine rasante Evolution der Schwierigkeiten vollzieht. Denn wenn es ein Motto in Gründerkreisen gibt, dann ist es wohl: Einfach mal machen! Also mache ich mich auf zum gigantischen Bürogebäude in der Theodor-Heuss-Straße 2, wo der 11. Braunschweiger Webmontag in den Räumlichkeiten der Lineas Informationstechnik GmbH stattfindet. Der Webmontag bietet eine Plattform, um zukunftsträchtige Ideen vorzustellen und sich über die Zukunft des Internets zu informieren. Ganz nebenbei ist dies eine tolle Möglichkeit, sich darin zu üben, Vorträge zu halten und – ja klar, zu netzwerken! Das Konzept lehnt sich an die Kultur des Silicon Valleys an, wo bekanntlich die erste Liga der Web-Schmieden ihren Sitz hat und sozusagen die geistige Hochburg der Gründungsverrückten zu finden ist. Man muss aber nicht gleich in dieses Mekka der Zukunftsvisionen pilgern, man kann durchaus auch an einem Tag in Braunschweig dem Blitzeis trotzen und ein wenig kalifornischen Gründergeist aufscheinen lassen. Im gut besuchten Saal hat schon der erste Vortrag angefangen, als ich ankomme. Sehr herzlich ist die Begrüßung und ich fühle mich sofort wohl, obwohl ich die mir angebotene Club Mate – auch bekannt als „Hackerbrause“ – dankend ablehnen muss. Ich schätze nämlich, beim üblichen Koffeinkonsum dieser Szene kann ich nicht so gut mithalten – schon gar nicht auf leeren Magen! Also schnappe ich mir eine Cola – sozusagen die „Hackerbrause“ für Weicheier – aus dem reichen Angebot an Freigetränken und höre aufmerksam zu. Auf gar keinen Fall geht es hier um schwer verständlichen Technikkram, alle Vorträge werden sympathisch vorgetragen und die Themen verständlich vermittelt. Und aus meiner Perspektive als Kulturbloggerin kann ich mir bei vielen Themen durchaus die Schnittstelle zwischen Technik und Kultur bildlich vorstellen.
Welcher Künstler würde zum Beispiel nicht gern eine qualitätiv überzeugende 3-D-Rundum-Ansicht seiner neusten Skulpturen auf einer professionell gestalteten Internetseite abgebildet sehen? Über die beeindruckende Technik hinter solchen Möglichkeiten referiert Hanno Keppel, der seine „360 Grad Fotografie“ unter anderem auch an einer Musikband ausprobierte. Die Kultur ist also niemals weit! Der folgende Vortag „Nachzeichnen für Anfänger“ von Tri aus der Lineas-Crew inspiriert mich dazu, mich mal wieder im Zeichnen zu üben und für meinen Blog „Kult-Tour Braunschweig“ ein Logo zu kritzeln. Dass kann doch nicht so schwer sein, denke ich mir, als ich den quirligen Tri dabei beobachte, wie er in windeseile auf einer wackeligen Tafel Comicfiguren nachmalt. Einfach mal ausprobieren! Und plötzlich klingelt es an der Tür von Lineas und der Pizzabote ist da! Ich fühle mich wie an einer überdimensionierten LAN-Party, nur dass sich hier interessante Menschen und keine Computer verknüpfen. Das gemeinsame Pizzaessen ist natürlich die beste Gelegenheit, um das Netzwerk zu pflegen und ins Gespräch zu kommen. Bei einer „Kult-Tour Brause“ aus einer ortsansässigen Brauerei und einer exotischen Pizza-Hawai läuft alles wie am Schnürchen und niemand steht hier schüchtern in der Ecke rum. Es werden Kärtchen ausgetauscht und dabei wird gelacht und gescherzt. Was aus einem verpeilten Montag so alles werden kann, wenn man sich einfach mal drauf einlässt.
Nach der Pause geht es weiter mit einem Vortrag von Steven Schwenke über ein Verschlüsselungsverfahren und seine unkomplizierte Anwendung: „PGP einfach. Warum geht es nicht mehr ohne? Wie funktioniert es? Wie sieht es aus?“. Das klingt vielleicht trocken, ist es aber nicht, denn Steven gestaltet seinen Auftritt souverän amüsant. Anschließend wird darüber diskutiert, ob und wie die Anwesenden ihr Internetverhalten nach den aktuellen Datenklauskandalen verändert haben. Jeder ist betroffen: Das Internet ist unabdingbar mit dem Leben und dem Alltag verknüpft und hier sollte ein größeres Bewusstsein entstehen. Auch dazu trägt der Webmontag bei. Hier wird keinesfalls nur über Technik gefachsimpelt, sondern aktuelle Themen besprochen, die uns alle betreffen. Darüberhinaus ist es eine fabelhafte Netzwerkveranstaltung, die vor allem jungen Start-ups und jedem Kreativen anzuraten ist. Denn: „Machen wir nicht alle irgendwie was mit (neuen) Medien?“ Und die Netzwerk-Technik kann man ganz leicht erlernen, wenn man einfach mal vorbei kommt. Der Webmontag findet alle paar Monate statt. Danke Christian Cordes für die nette Einladung, nächstes Mal komme ich bestimmt wieder!
Alle Vorträge vom 11. Webmontag HIER ansehen!
Christian Cordes organisiert nicht nur den Webmontag, sondern u.a. auch die Coworking Konferenz 2014 und leitet den Coworkingspace Schiller40 in Wolfsburg