
Eine gerissene Bass-Seite ist…
„…wie ein gebrochener Spiegel!“, amüsiert sich ein Sänger von Loudog. Gleich zu Beginn des Konzerts der Ska-Combo aus Braunschweig ist dem Bassisten eine Seite seines Instruments entgegen gesprungen, so dass sich der rasante Auftritt der Band im Hansa Kultur-Club ein wenig verzögerte. Doch Pech bringt das den Jungs bestimmt nicht. Bestens gelaunt nehmen sie diesen Vorfall als einen ersten Anlass, gekonnt die Stimmung im Publikum anzuheizen. Das gelingt leicht, denn alle sind schon gut drauf. Vor Loudog sind die Mad Monks aus Bremen aufgetreten und haben die Menge bereits zum ausgelassenen Mitfeiern animiert. Doch man kann im Prinzip nicht sagen: „Heute spielen Loudog und Mad Monks im Hansa.“ Es sind die LOU-MONKS, die hier ein erstklassiges Freundschaftskonzert geben…
Text: Stefanie Krause | Foto: Jens Bartels
Nicht nur die beiden auftretenden Bands bekunden heute ihre Freundschaft: Der gesamte Abend scheint unter dem Motto des freundlichen Miteinanders zu stehen. So schlägt der Kult-Tour-Reisegruppe gleich am Eingang des Hansa Kultur-Clubs eine sehr heimelige Stimmung entgegen. „Ah der Kulturblog ist da!“, heißt es dort und ein solch warmer Empfang tut in der oft so stressigen und miesgelaunten Weihnachtszeit echt mal mehr als gut! Auch wir sind von Weihnachtseinkäufen, Familien- und Organisationstorturen sowie von einem Überangebot von interessanten Veranstaltungen arg gezeichnet, wollten diesen Konzertbesuch aber auf gar keinen Fall ausfallen lassen. Zum Gück, denn dies ist die richtige Entscheidung: Auf dem Programm stehen zwei feine Skabands und eine ordentliche Portion Frohsinn.
Statt Tortur sind wir also auf Kult-Tour und können uns daran erfreuen, dass die Musiker der Mad Monks anstatt roter Zipfelmützen und Polyesterbärte mexikanische Sombreros tragen und dazu einen dynamischen Mix aus Ska und Punkrock spielen. Erleichert stellen wir fest, Weihnachtslieder werden hier höchstens in ironischer Brechung und mit Unterstützung der elektrischen Gitarre vorgetragen. Toll, dass diese Band heute Braunschweig besucht. Weihnachtskonzerte sind sowieso eine ihrer Spezialitäten, aber nicht nur deswegen kommt man in ihrer Heimatstadt Bremen in Sachen Skapunk an den Mad Monks kaum vorbei. Seit 2004 erspielt sich die Band einen verdienten Ruhm, füllt sowohl kleine Konzertschuppen wie auch große Festivalwiesen und sorgt für ein gröhlendes Publikum. Auch hier im Hansa geben sie richtig Gas. So kann es zwischen den launigen Skarhythmen bei den Mad Monks auch ganz schön hart zur Sache gehen. Hardrockig wird losgebrettert und dann wieder zu schwingenden Offbeatpassagen zurückgekehrt. Davon werde ich schlagartig wach und wippe ganz unweigerlich mit der Hüfte mit, obwohl bei mir seit Mittwoch nicht nur die Adventskerzen brennen. Irgendwie ist jede Kulturveranstaltung in einem spontanen Weihnachtsbetrinken geendet, egal ob es um Punkkonzert, Liedermacherjam oder gediegene Literaturlesung ging. Es scheint im Moment jedem danach zu stehen, Dampf abzulassen und da ist man meist recht schnell mitgefangen, mitgehangen. Heute ist es auch nicht viel anders. Prompt wird mir ein Bier verabreicht, ein zweites von anderer Seite in die Hand gedrückt und der Partystartschuss in Form von Mexikana gegeben! Verdammt, die Getränkepreise hier im Hansa sind einfach gefährlich günstig, so dass viele trotz weihnachtlich ausgebeutetem Portemonnaie ihre Nächstenliebe herzlich gerne mit einer Runde Schnaps oder Bier ausdrücken wollen.
Mal langsam, ja! Schließlich möchte ich den geich folgenden Auftritt von Loudog mit all meinen unbenebelten Sinnen erleben! Da sind sie ja auch schon! Mich zieht es gleich in die vorderen Reihen, denn jetzt will ich tanzen und schauen. Loudog sollen eine der besten Skabands der Stadt sein, erzählt mir ein befreundeter Musiker und seine Meinung schätze ich in dieser Hinsicht sehr. Es wundert also nicht, dass ich schnell vom Loudog-Sound mitgerissen werde. Meine vom gestrigen Abend immer noch leicht eingerosteten Gräten werden so langsam warm und ich bin froh, dass Loudog nicht gleich mit hartem Skapunk auf mich einprügeln, sondern mittels flockigem Reggaeska mit mir flirten. Die Songs von Loudog sind abwechslungsreich, hier und da werden klassische Rock’n’Roll- und Swing-Kniffe sowie schnelle Punkparts integriert und leckere Solobonbons vom Gitarristen und den beiden Bläsern zwischen die feiernden Leute geworfen. Während alles von einem straighten und locker strukturiertem Schlagzeugspiel angetrieben wird, hält eine unbeirrbar gut und souverän gespielte Basslinie die Songs melodisch zusammen. Die beiden Sänger geben mit viel Spaß und Können die englischen und deutschen Texte zum Besten und aktivieren das Publikum mit einer sportlichen Show. Also mich haben Loudog für sich gewonnen. Übrigens ist ihre Musik zu 100% GEMA-frei und die Band fester Bestandteil der Braunschweiger Gemeinschaft Spread Music, die den heutigen Abend veranstaltet und ein wichtiger Unterstützer lokaler Musikprojekte und unabhängiger Subkultur ist.
Ich habe auf jeden Fall meinen Spaß und bin inzwischen so warm getanzt, dass ich auch bei der Massenhüpfaktion nicht Gefahr laufe, mir einen Bruch zuzuziehen. Und – und – und – und – Mitmachen bei Skapunk, Freundschaft und Nächstenliebe – Love, Peace & Unity zeigt sich dann erneut zum krönenden Abschluss, wenn alle Musiker als die LOU-MONKS nochmal auf die Bühne kommen. Sie feiern ihr Publikum gebührend ab und begleiten mit Trompete und Posaune die ersten Songs des DJs. Eine bessere Überleitung zum anschließenden DJ-Set hätte er sich wohl nicht wünschen können. Ein rundum gelunger Musikabend! Daher kann und muss mein ultimativer Weihnachtstipp nur sein: Öfter mal ein Konzert besuchen als sich auf dem Weihnachtsmarkt herumzudrücken. Es sei am Rande angemerkt: Hier bezahlt man gerade mal 6 Euro für zwei klasse Bands, anstatt für das gleiche Geld 1,5 Becher lauwarme Zuckerweinplürre in die Hand gedrückt zu bekommen.