
Kontrollierte Farbexplosionen
Als ich am 17.04.2014 dem Gäude der NeunRaumKunst ankomme, sitzen die Besucher der heutigen Vernissage im Treppenhaus und ich werde freundlich begrüßt. Jemand spielt auf der Gitarre und man ist in fröhliche Gespräche vertieft. Inmitten dieser lockeren Athmosphäre fehlt jedoch nicht die Ernsthaftigkeit, mit der an diesem speziellen Ort Kunst praktiziert und präsentiert wird. Derzeit zeigt Dorothea Biedermann ihre Bilder. Zwei Räume in der oberen Wohnung gehören nun ganz den Werken der ehemaligen Studentin der Freien Kunst an der HBK Braunschweig. Ihre kleineren und großformatigen Malereien laden ein, sich stundenlang in Betrachtungen dieser farbintensiven Bildwelten zu verlieren.
Text und Fotos: Stefanie Krause und Jens Bartels/JayBe Photography
Ein Besuch in den Kunsträumen der NeunRaumKunst stellt eigentlich immer ein kleines Abenteuer dar. Die drei Wohnungen in einem Gebäude der Jahnstraße sind gleichzeitig Ausstellungsraum, Arbeitsatelier und in gewisser Weise auch Lebensraum. Das ist das Besondere an der NeunRaumKunst. Die NeunRaumKunst lebt und das tut sie so, wie sie das möchte! Als ich das Gebäude betrete, schlägt mir sogleich diese bestimmte Stimmung entgegen. Der Altbau mit der Hausnummer 8a besitzt diese eigentümliche Ausstrahlung, die ich bisher nur bei alten Gemäuern gespürt habe. Denn trotz der sanierten und renovierten Räume hat dieses Haus den Charme des alten Materials nicht verloren. So gibt dieser Ort der Kunst einen ganz eigenen Rahmen. Hier findet Kunst statt und das ist deutlich zu sehen: In den drei Wohnungen, die den Künstlern von
der Braunschweiger Baugenossenschaft zur Verfügung gestellt worden sind, finde ich überall unterschiedlichste Materialien, Werkzeuge, Staffeleien, Farbbehälter und auch ein bisschen Müll. Sofern man die Holzreste, Pappkartons, zerrissenen Papiere, vertrockneten Farbbrocken und alten Möbel überhaupt als Müll bezeichnen kann, denn alles gehört hier auf selbstverständliche Weise hin. Alles hat seinen Platz, oder besser gesagt: Jedes Stück behauptet sich seinen eigenen Platz und trägt damit zum Gesamtbild der NeunRaumKunst bei.
Regelmäßig stellt ein Mitglied der Künstlergemeinschaft seine Werke aus, erdenkt sich ein Ausstellungskonzept und macht in den Räumen der NeunRaumKunst seine Kunst für die Öffentlichkeit erfahrbar. Aber auch externe Künstler haben hier die Möglichkeit, eine Präsentations-Plattform für seine Arbeiten zu finden. Es muss halt passen, aber ich glaube, das betrifft nicht unbedingt die künstlerische Konzepte, sondern vielmehr muss es vom menschlichen Aspekt her passen. Die Kunst ist hier frei und die Menschen auch. Elitäres Gedankengut und geschlossene Gesellschaften werden hier abgelehnt. Eintritt gibt es nicht, teuren Prosecco und Häppchen sucht man vergeblich. Dafür gibt es
günstiges Bier. Wem es nach einer Leckerei steht, der greift einfach nach einem der bunten Bonbons, die hier in Schalen auf den bunten Arbeitstischen der Künstler bereit liegen. Bei all dem sympathisch-heimeligen Chaos, ist hier aber bestimmt nicht alles „Banane“. Inmitten der lockeren Atmosphäre fehlt es nicht an der nötigen Ernsthaftigkeit, mit der Kunst praktiziert und präsentiert wird. Derzeit zeigt Dorothea Biedermann ihre Bilder. Zwei Räume in der oberen Wohnung gehören nun ganz den Werken der ehemaligen Studentin der Freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste. 2011 hat sie als Meisterschülerin erfolgreich ihr Studium abgeschlossen und ich finde es schön, dass sie sich mit der Kultur vor Ort verknüpft hat, anstatt zum Beispiel nach Berlin auszuwandern. Ihre großformatigen und kleineren Bilder laden ein,
sich stundenlang in Betrachtungen zu verlieren. Aus der Entfernung wirken sie wie Farblandschaften, die dem Betrachter von den den weißen Wänden der Räume mit neonhafter Strahlkraft entgegen grüßen. Doch die Distanz zwischen Bild und Betrachter hebt sich schnell auf, denn die kleinteiligen Muster in leuchtenden Farben ziehen den Blick magisch an, so dass man sich der Blidfläche immer mehr nähern möchte, um die Details zu erkennen. Ich meine, in den Formen bekannte Gegenstände zu entdecken, doch die Bilder bleiben letztendlich in sich abstrakt. Für mich spiegelt Dorotheas Kunst ein paradoxes Verhältnis zwischen Freiheit und Kontrolle. Schier ohne Grenzen ist Farbwahl und -reichtum, doch jede Farbform erhält durch eine dunkle, sorgfältig gezogene Linie eine Art Grenze. Die Linien durchziehen die Malerein und geben ihnen eine kontrollierende Struktur, wie auch der Rahmen der Bilder die
Farbexplosion im Inneren der Bildfläche zusammenhält und von der Außenwelt abgrenzt. Doch tritt man mit dem Blick ein in diese visuelle, nahezu esoterische Welt, entfernt sich die Außenwelt auf mysteriöse Weise und man kann einfach nur in Farben und Formen schwelgen.
Ihre Kunst ist ab jetzt immer donnerstags vom 17.04.-25.05.2014 von 20 – 23 Uhr zu besichtigen!