
Crying at the Discotheque. Braunschweig hat ’ne Neue.
Manchmal habe ich auch Vorurteile. In diesem Falle: von HBK-Partys. Schließlich habe ich dort selber lange studiert und ja, war auf vielen Partys. Meistens lief dort Electro. Ich meine – nicht, dass ich jetzt unbedingt etwas gegen Electro sagen will. Ich mag viele Spielarten des Electro. Aber ich mag auch Abwechslung und die gab es selten. Etwas unmotiviert mache ich mich mit einem Freund an einem etwas müden Samstag auf den Weg in die Nachbarschaft auf eine Party aus dem „HBK-Umfeld“, wie mir eine Email der Veranstalter im Vorfeld verriet.
Text und Fotos: Stefanie Krause
Um genau zu sein: In Harry’s Bierhaus, eine Stadtteilkneipe, in der heute Erstaunliches passieren wird. Wir trinken – noch nicht ganz wach – unser Wegpils vor Harry’s Biergarten aus, ein Biergarten, wie man ihn in einer solchen Lokalität auch vorstellt und treffen auf ein paar Stammgäste, die Jimmy Hendrix-Videos auf ihrem Smartphone abfeiern. Alles ist so, wie es gewohnt ist. Mit großen Überraschungen rechne ich nicht. Dann treffe ich einen Freund, der mir sagt, dass er nur bei Kult-Tour Der Stadtblog Infos über die Party gefunden hat und das macht mich ein bisschen stolz. Ein Geheimtipp ist es wohl definitiv. Nur. Nur wundere ich mich, dass ich so wenig von der Musik aus der Kneipe hören. Also: von den elektronischen Beats. Erklärung: die gibt es hier gar nicht. Als jemand zum Rauchen nach draußen kommt, hat mein Gehirn erstmal eine Weile zu tun. Denn es wird von Krautrockklängen erreicht. Jaja, dieses psychedelische Zeug aus den 70ern! Also ich hätte einiges mit diesem Ort und dieser Party in Verbindung gebracht, aber nicht DAS! Es geht weiter mit einem Erkundungsgang durch die proppevolle Kneipe. Selten so viele schöne Menschen auf einem Haufen gesehen! Echt jetzt. Herausgeputzte, ausgelassene, aufgeschlossene, bunte Figuren wuseln zwischen dem ebenso gut gelaunten, in schwarze Klamotte oder Lederjacke (typisch, ich liebe mein Braunschweig) gehülltes Stammpublikum herum. Es wird getanzt! Auf einer Tanzfläche, die mit großen Dekoblättern aus Schaumstoff behängt ist und heute zur Bühne für ganz individuelle (Tanz)Stile wird.
Noch erstaunlicher ist die Musikauswahl. Diese DJ*anes namens Kleine Dünne Nancy, Quote und Come Reality haben sich wirklich einen Kopf gemacht und wissen, wie Krautrock, Wave, Disco, Hiphop, Rock und Pop der 70er, 80er, 90er und neue Songs zu einer unschlagbar tanzbaren aber alles andere als gewöhnlichen Mischung werden kann. Hut ab, da fügt sich sogar „Crying at the Discotheque“ von Kylie Minogue und dieser für mich mit Teenie-Erinnerungen behafteter 90er-Trashspopsong „King of my Castle“ ein, als wären sie das alternativste Zeug, was ihr jemals gehört habt! Alles endet in einer viel zu langen Party mit einem Bierspezial für 2 Euro, vielen netten Menschen und der großen Vorfreude auf das nächste Mal. Die Truppe agiert unter dem Namen „A better tomorrow“, ihr großes Thema ist die Musikgeschichte des Disco und die nächste Party steht schon an: MORGEN im Nexus unter dem Titel Hurra U.S.A Disco + DAF statt Doitsch + AFD. In Harry’s nennt sich das Ganze „Tanzen mit Pflanzen“ und ich denke, daraus könnte eine echt große Sache erwachsen! Ich bin Fan und es war mir eine Ehre, die ersten Termine in meinem Musik-Tanz-Ticker anzukündigen. Danke für die Einladung.
PS.: Auch einen neuen Lieblingssong habe ich von der Party mitgenommen: Pain von Boy Harsher.
PSS.: Wenn es mehr zum Verlinken gäbe, würde ich es tun. Kommt einfach ins NEXUS, Frankfurter Str. 253b in Braunschweig. Gio, Bomber_Harris und Quote legen auf. Drei Leute arbeiten allein am Konzept für das Environment und eine Performance gibt es auch. Ab 22 Uhr, der Musik-Tanz-Ticker weiß mehr.