
Open Air Rettung in letzter Not!
Wenn man fast schon denkt, alles sei verloren, passieren manchmal kleine Wunder. Am Samstag lerne ich auf einer Gartenparty Wolfi kennen. „Ich veranstalte Konzert“, stellt er sich vor. Doch das nächste geplante Konzert mit einer ganz großartigen argentinischen Punkband sei arg in Not, fügt er leise und ganz geknickt hinzu. Die Gesangsanlage: nie vorhanden gewesen? In Luft aufgelöst? Geklaut? Verpufft? Vergessen? Ganz ehrlich, das bleibt mir bis heute schleierhaft, ist aber auch nicht so wichtig. Dramatischer die Konsequenz: Das Ufer Open Air mit Zona84 aus Argentinien und Fresse Kasse aus Braunschweig droht nun abgesagt zu werden!
Text und Fotos: Stefanie Krause
„Bis wann brauchst du denn die Technik?“, frage ich zurück. In mir zuckt das Helfersyndrom und ich fange an, breit und ein wenig ungläubig zu grinsen, als die Antwort mein Bewusstsein erreicht: „Morgen 16 Uhr soll es anfangen. Eigentlich. Meinst du, wir kriegen das noch hin?“ Tja, schauen wir mal. Natürlich möchte ich tun, was ich kann. Aber zuerst will erstmal diese wunderschöne Gartenparty in der nach meiner Rechnung ersten warmen Sommernacht zu Ende gefeiert werden. Am nächsten Tag nach dem Aufstehen bröselt dieses Gespräch mit Wölfi zurück in meine noch ein bisschen langsamen Gedanken. Ein Anruf bringt Gewissheit: Eine Gesangsanlage ist immer noch nicht in Sicht und Wolfi noch geknickter als am Abend davor. Ok, ich habe Gestern eine Sternschnuppe gesehen, vielleicht habe ich ja Glück, denke ich mir. 😉 ich habe mir zwar etwas Anderes gewünscht – aber, hey, Was kostet die Welt! (Das Andere ist übrigens auch in Erfüllung gegangen, werde ich jetzt eigentlich zum Glückspilz?! Woha! Kopf einziehen.)
Also: Los geht’s! Die ersten beiden Anfragen zwischen Frühstücksstulle und starkem Kaffee bringen schon fasst das ersehnte Ergebnis, leider nur fast. Erst über einen öffentlichen Aufruf über Facebook scheint die Sache ins Rollen zu geraten. Und in der Tat: Andrea Fechner meldet sich und fragt ganz entspannt, was wir denn genau bräuchten. Als wäre das die größte Selbstverständlichkeit auf dieser Welt! Ich bin begeistert und esse mein Frühstück gleich ein bisschen euphorischer. Andrea habe ich mal ganz flüchtig auf einem Konzert im Schabreu kennen gelernt und seither eigentlich nicht mehr persönlich gesehen. Ihr Mann Torsten Fechner ist ebenfalls Musiker und sie haben offenbar genau das am Start, was dem Ufer Open Air fehlt. Wie gut ist das denn bitteschön? Die beiden packen das Auto, machen sich ohne groß Fragen zu stellen auf den Weg und ich radel hinterher. Bei strahlendem Sonnenschein geht es einen übrigens sehr schönen Weg über die Wallanlagen über die Uferstraße direkt an der Oker entlang zu einem Gelände auf einer Kleingartenanlage in der Nähe des Ölper Sees.
Die Technik wird gerade getestet, als ich ankomme. Alle Anwesenden bringen ihr Wissen mit ein. Die Bands gucken zwar noch etwas kritisch, aber das anschließende Konzert beruhigt auch die letzten leicht erhitzten Gemüter. Zona84 aus Argentinien sind wirklich gut! Sie bringen ihren flockigen aber direkt gespielten Melodicpunk locker auf’s selbstgebaute Parkett und lassen sich die Müdigkeit von einer amtlichen Tour nicht anmerken. Vor allem Wolfi kann’s kaum glauben und feiert die Jungs von Zona84 leidenschaftlich ab. Danach spielen Fresse Kasse. Diese noch ganz neue Braunschweiger Band schüttelt sich den Frust über die Technikprobleme binnen Sekunden vom Leib und dreht so richtig auf. Ich habe die Bezeichnung Posthardcore gewählt, da bei Fresse Kasse Screamo und Hardcoreelemente vor allem durch das Gitarrenspiel ständig und höchstmelodisch mit weichen Brüchen versehen werden. Hardcore ist aber nicht nur die Musik! Sänger Jonas spackt so dermaßen auf und vor der Bühne ab, dass einigen die Münder offen stehen bleiben. Sogar auf dem Dach der Bühne kraxelt er zwischendurch rum und bedankt sich am Ende völlig ausgepowert und mit verstauchtem Fuß noch einmal bei mir. Gerne geschehen, auch für mich war das ein runder Abend, der durch die anfänglichen Schwierigkeiten dann eigentlich noch viel schöner und besonderer geworden ist!
Ich freue mich außerordentlich, dass dieses Punkevent am Muttertag tatsächlich doch noch stattfinden konnte und der Aufruf sogar noch ein paar Spontangäste angezogen hat. Schön, dass ihr alle da wart! Der allergrößte Dank geht natürlich an die Retter in der Not: Andrea und Torsten Fechner! Entschuldigung mal: Aber wie cool seid ihr denn?
Alle Daumen hoch!